Frisch, regional, direkt – seit drei Jahren setzen sich Verbraucher:innen und Erzeuger:innen für ein gemeinsames Ziel ein: den Anbau und Verkauf regionaler Bioprodukte aus dem Pfaffenhofener Land und der Hallertau. © M. Käser/ Pfaffenhofener Land
Der Verein Direktvermarktung Pfaffenhofener Land und Hallertau e.V. wurde vor drei Jahren gegründet. Er setzt sich gleichermaßen aus Verbraucher:innen und Erzeuger:innen zusammen, die sich für ein gemeinsames Ziel einsetzen: Anbau und Verkauf regionaler Bioprodukte aus dem Pfaffenhofener Land und der Hallertau.
Herr Käser, Sie sind Co-Vorsitzender des Vereins und beschreiben das Pfaffenhofener Land auf Ihrer Webseite als „Digitalen Hofladen für die Hosentasche“. Wenn man sich nun einen kleinen gemütlichen Hofladen vorstellt, hat man als Leserin oder Leser vermutlich ein falsches Bild vor Augen, da es sich um eine größere Regionalvermarktung handelt, mit der Sie bereits sehr erfolgreich sind. Wie ist die Idee geboren? Was war der Hintergrund und was hat den Anstoß für die Gründung gegeben?
Den Wunsch der Regionalvermarktung hegen wahrscheinlich viele Menschen, die in der Heimatentwicklung unterwegs sind. Man beginnt meist mit der Frage: Wo gibt es Defizite? Diese Frage führt dann schnell zu den Themen Wohnungsbau, Energie und regionaler Versorgung. Ein Teil dieser regionalen Versorgung ist unter anderem die Anbindung ans Internet, daneben spielt jedoch auch die Lebensmittelversorgung eine wichtige Rolle. Hier haben wir uns die Frage gestellt: Wenn wir eine Art Regionalvermarktung auf die Beine stellen wollten, wie könnten wir das organisieren? Unsere ersten Veranstaltungen zum Thema standen unter dem Label „Solidarische Landwirtschaft“, um die Menschen auch erst einmal dafür zu sensibilisieren, worum es genau geht.
Wie unterscheidet sich Ihre Regionalvermarktung von der SoLaWi?
Bei der SoLaWi baut zum Beispiel ein Gärtner auf einem Acker bestimmte Produkte an. Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher weitere Produkte des täglichen Bedarfs wollen, muss die SoLaWi selbst wieder zukaufen und die Produkte handeln. Wir haben deshalb mit unserem Verein nach Möglichkeiten der Direktvermarktung gesucht. Das heißt: Mehrere Erzeuger:innen bauen unterschiedliche Produkte an und diese werden dann gebündelt direkt an Verbraucherinnen und Verbraucher übergeben.
Wie hat sich die Suche nach der geeigneten digitalen Plattform für Ihre Direktvermarktung gestaltet?
Wir haben verschiedene Plattformen erkundet. Jede Plattform hat ihre Problematik und ihr Geschäftsmodell. Oberfläche, Features und Co müssen tragfähig sein. Wir haben uns schließlich Marktschwärmer angeschaut und die Plattform hat für uns alle gewünschten Aspekte erfüllt. Einerseits kann der Kundenkreis mit Marktschwärmer bei allen Erzeuger:innen einkaufen wie in einem Onlineshop. Bei den einzelnen Landwirt:innen kommt aber nur die Bestellung für deren Produkte an. Es wird also nur geerntet bzw. hergestellt, was auch wirklich bestellt wurde.
Die digitale Infrastruktur muss stimmen, damit das System funktioniert und der digitale Warenkorb mit regionalen Bioprodukten gefüllt werden kann. Wie gelangen die Produkte zum Endkunden?
Ohne Digitalisierung und unsere Medien, die wir verwenden – ein Mitglied hat zum Beispiel eine eigene Kontroll-App geschrieben, um die Produkte zu kontrollieren, wenn sie ankommen – ja, ohne durchgängige bruchfreie Digitalisierung wäre unsere Logistik und das ganze System überhaupt nicht möglich. Wir haben als Organisator eine sehr stabile Basislogistik mit dem System. Das heißt, wir haben alles im Blick, was wir brauchen, die Listen, die Verbindungen, die Abholpunkte.
Unsere Erzeuger:innen bringen ihre Produkte an einem Tag zu einem vereinbarten Abholpunkt, an den die Endkund:innen mit einer Zahl kommen, die sie beim Einkauf erhalten haben. Die Ausgabe der Waren geschieht dann in Echtzeit: Die einzelnen Erzeuger:innen stellen die ausgewählten Produkte für die Endkund:innen frisch zusammen.
Die Erzeuger:innen kommen an den Abholpunkten in den direkten Austausch mit der konsumierenden Kundschaft. Welches Feedback erhalten Sie als Organisator und vielleicht auch die Erzeuger:innen selbst?
Wir erhalten viel positive Resonanz. Es ist ein sehr gefälliges Thema, wenn man es gut macht. Es muss natürlich schmecken und es muss gut gemacht sein. Die Endkund:innen bewerten unser Angebot anhand verschiedener Faktoren wie Unterstützung der Landwirtschaft oder auch Frische. Von Gastrobetrieben, die mit bioregionalen Produkten arbeiten und das auch an die Kundschaft vermitteln, haben wir zum Beispiel auch gehört, dass Kund:innen bei ihnen essen, weil sie gehört oder gelesen haben, dass sie bioregionale Rohstoffe einkaufen.
Neben dem Endkundenmarkt haben sich bereits neue Projektsäulen entwickelt. Können Sie uns einen kleinen Einblick in diese Säulen geben?
Weitere Säulen, die sich ergeben haben, sind ein Gastronomie-Frischeservice, ein Volksfestzelt, das wir mit rein bioregionalen Produkten ausgestattet haben – das erste bioregionale Wiesen-Festzelt in Bayern kommt aus Pfaffenhofen –, ein komplett regionales Bistro im städtischen Hallenbad und auch ein Catering-Service hat sich entwickelt. Und jetzt und zukünftig geht es weiter in Richtung Gastro-Service und Gemeinschaftsverpflegung. Hier reden wir über ca. 350.00 bis 400.000 Essen pro Jahr für u. a. Kitas, Grund-, Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien.
Erhalten Sie auch Anfragen von Menschen oder Vereinen, die ein ähnliches Projekt umsetzen wollen, mit der Bitte um Tipps, sodass Sie eine Mentorenrolle einnehmen?
Es wird viel danach gefragt, vor allem nach dem Wie. Zum Beispiel hat die Bayrische Bezirksregierung nach der Umsetzung des bioregionalen Festzelts gefragt. Wir arbeiten aber auch mit Ernährungsbeiräten zusammen. Diese fragen sich: Wie kann man richtig ausschreiben? Wie kann man Kitas, Schulen bioregional versorgen?
Wo geht die Reise Ihrer Regionalvermarktung hin? Gibt es Ziele, die Sie erreichen, Ideen, die Sie zukünftig umsetzen möchten?
Den Endkundenmarkt kann man tatsächlich nicht ewig skalieren, nur die Bestellmengen, nicht aber die Standorte. Um uns zu vergrößern, müssten neue Erzeugerlandschaften aufgebaut und Erzeuger:innen akquiriert werden. Ein mögliches neues Einzugsgebiet sehen wir jetzt gerade Richtung Ingolstadt. Das möchten wir gern umsetzen und dafür müssen wir neue Erzeuger:innen akquirieren.
Auch das Förderprojekt mit dem Gastro-Service wollen wir ausweiten, bei der Menügestaltung für die lokale Gemeinschaftsversorgung unterstützen oder auch lokale Kochboxen für verschiedene Lebensmodelle anbieten.
Mehr zum Pfaffenhofener Land: https://www.pfaffenhofenerland.de/