Blühstreifen sind eine der Maßnahmen, mit denen Landwirte einen Beitrag zum Artenschutz leisten. © DBV
Die Landwirtschaft wird immer digitaler. Informatik und Elektronik bestimmen schon längst den landwirtschaftlichen Alltag. Ursprünglich standen dabei Vorteile für den Betrieb im Vordergrund: Arbeitserleichterung durch Automatisierung, bessere Entscheidungen anhand präziser Daten und letztendlich höhere Erträge.
Sowohl die Politik als auch die Agrarindustrie haben aber längst erkannt, dass die digitalen Technologien auch dazu dienen, die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu verringern und die gesamte Nahrungsmittelproduktion nachhaltiger zu machen. Auch die Bundesregierung sieht den größten Nutzen der Digitalisierung der Landwirtschaft in einer potenziellen Steigerung der Nachhaltigkeit. „Die neue Bundesregierung ist angetreten, um die Landwirtschaft nachhaltiger zu machen: weniger Pestizide, weniger Dünger – und damit mehr Artenvielfalt“, betonte Anfang des Jahres der grüne Umweltminister Cem Özdemir. Mit dem Investitionsprogramm „Bauern für Klimaschutz“ unterstützt der Staat Landwirte, die durch den Einsatz hochmoderner Technik zur Emissionsminderung, zum Erhalt der Artenvielfalt und zur Ressourceneffizienz beitragen.
Was aber haben weniger Pestizide und Artenvielfalt mit Digitalisierung zu tun? Landwirte, die ihre Felder digital erfassen und überwachen, sehen beispielsweise genau, wo ein Befall mit Schädlingen oder Unkräutern bekämpft werden muss und können Pflanzenschutzmittel genau dort einsetzen, anstatt sie prophylaktisch auf dem gesamten Feld zu versprühen. Darüber hinaus melden digitale Technologien solche Gefahren zuverlässig und frühzeitig, was wiederum den Einsatz von Pestiziden reduzieren kann. Sie geben Aufschluss darüber, wo wirklich gedüngt und ob wirklich bewässert werden muss. Außerdem kann ein mit Satellitennavigation und Spurführung ausgestatteter Traktor auf bis zu zwei Zentimeter genau gesteuert werden, sodass Dünger und Pflanzenschutzmittel präzise und ohne Überlappung aufgebracht werden. Dadurch kann nicht nur der Einsatz von Chemikalien, sondern auch der Verbrauch von Wasser zur Bewässerung und Kraftstoff zum Betreiben der Landmaschinen reduziert werden. Letztlich soll der CO2-Fußabdruck der Agrarbranche sinken.
93 Prozent der Landwirte bestätigten daher in einer gemeinsam mit dem Digitalverband Bitkom und der Landwirtschaftlichen Rentenbank durchgeführte Studie des Deutschen Bauernverbands (DBV), dass digitale Technologien dabei helfen, Dünger, Pflanzenschutzmittel und andere Ressourcen einzusparen – was nicht nur die Betriebe wirtschaftlicher macht, sondern auch die Umwelt schont. Dass so auch langfristig die Kosten im Betrieb gesenkt werden können, bejahen 64 Prozent der Landwirte. 81 Prozent sind der Ansicht, dass digitale Technologien eine umweltschonendere Produktion ermöglichen.
Die 2020 durchgeführte Studie ergab, dass 82 Prozent der befragten Landwirte bereits Smart-Farming-Technologien einsetzen. 45 Prozent verfügen beispielsweise bereits über GPS-gesteuerte Landmaschinen, die den präzisen Einsatz von Ressourcen ermöglichen. Weitere 25 Prozent planen oder diskutieren die Anschaffung einer solchen Technik. Auf Sensoren bei Tierhaltung und Pflanzenbau setzen 28 Prozent, fast 40 Prozent diskutieren dies. Drohnen werden von über 30 Prozent geplant oder diskutiert, 11 Prozent nutzen sie bereits.
Mit den gestiegenen Möglichkeiten, sich auch im wirtschaftlich profitablen Betrieb für den Umweltschutz einzusetzen, steigt auch das Bewusstsein der Branche, ihren Teil zum Klimaschutz beizutragen. 97 Prozent bestätigen in der Studie die Aussage „Ich achte auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz in meinem Betrieb“; 62 Prozent befürworten die Aussage „Wir Landwirte tragen große Verantwortung beim Kampf gegen den Klimawandel“.
Von dem reduzierten und präzisen Einsatz von Chemikalien profitieren auch Wildtiere und wichtige Bestäuber wie Bienen und andere Insekten. Viele Landwirte gehen noch weiter und wollen aktiv zum Umwelt- und Artenschutz beitragen. Auch dabei kann die digitale Erfassung der Felder helfen, indem sie Flächen mit eher geringen Erträgen oder schlechterer Bodenbeschaffenheit identifiziert, die der Landwirt dann zum Einrichten von Blühstreifen, Streuobstwiesen, Nisthilfen oder Biotopen nutzen kann. Dort, wo Ausgleichsflächen vorgeschrieben sind, hat der Landwirt somit die Chance, auf Basis digitaler Daten und deren Auswertung die Flächen dafür so auszuwählen, die seine agrarwirtschaftliche Produktivität am wenigsten eingeschränkt wird.
Darüber hinaus sollen auch Wildtiere durch den Einsatz digitaler Tools besser geschützt werden. Rehkitze, Junghasen und brütende Vögel können durch Drohnen vor der Ernte im Feld erkannt und so vor dem Mähtod zu bewahrt werden.
Die vielfach digital gesteuerte Automatisierung vieler Abläufe im Stall soll außerdem die gute Versorgung der Tiere sichern. Dazu gehören unter anderem Melkroboter, Lüftungssysteme und Fütterungsautomaten.