BayernCloud Tourismus – die zentrale Datendrehschiebe für den bayerischen Tourismus. © erlebe.bayern – Gert Krautbauer
Wer eine Wanderung plant, hat es nicht immer leicht: Gibt es genügend freie Parkplätze? Wie sieht es mit den Öffnungszeiten der Berghütte aus? Und in welchem Zustand ist eigentlich der Wanderweg, den man sich ausgesucht hat? Viele dieser Informationen kursieren zwar im Internet, doch ob man sie findet, ist mitunter Glückssache. Die BayernCloud Tourismus soll dieses Problem künftig lösen. Wie, das erklärt Markus Garnitz, Bereichsleiter Digitalisierung der Bayern Tourismus Marketing GmbH, kurz BayTM.
Herr Garnitz, seit 2021 gibt es bei der Bayern Tourismus Marketing GmbH die Kompetenzstelle Digitalisierung. Wie kam es dazu?
Der Gründung ist ein Forschungsprojekt vorausgegangen, bei dem es darum ging, einen zentralen Daten-Hub für alle touristisch relevanten Daten in Bayern zu schaffen. Dabei hat man festgestellt, dass man das nur umsetzen kann, wenn entsprechende Ressourcen – Mitarbeiter:innen und Geldmittel – vorhanden sind. Nur so können alle Beteiligten mitgenommen werden: Regionalverbände und Destinationen genauso wie Gemeinden und Touristinformationen. Dieser Daten-Hub, die BayernCloud Tourismus, ist das größte und wichtigste Projekt der BayTM im Bereich Digitalisierung.
Können Sie diese BayernCloud bitte ein bisschen näher beschreiben?
Die BayernCloud ist, vereinfacht gesagt, die technische Infrastruktur für das Management touristisch relevanter Daten in Bayern. Sie soll alle Informationen zu Freizeitangeboten sammeln, die insbesondere für Gäste, aber auch für Einheimische, interessant sind. Dazu gehören Sehenswürdigkeiten, Unterkünfte, Gastronomie, Wanderrouten, Stadtführungen, Veranstaltungen, Museen, Freibäder, Loipen, Wintersport. Bisher werden die Daten auf regionaler Ebene erhoben. Jede Gemeinde, jede Destination hat dafür eigene Systeme mit unterschiedlichen Strukturen, manchmal werden Daten gar nicht erfasst. Unser Ziel ist es, ein einheitliches Angebot zu schaffen, indem wir die vorhandenen Datenbanken zusammenführen und gleichzeitig die Qualität der Daten prüfen. Dabei geht es uns auch darum, lizenzoffene Daten bereitzustellen, damit Dritte die Daten ebenfalls nutzen können – also zum Beispiel der ADAC. Das wird die Reichweite der Daten deutlich erhöhen.
Welche Vorteile ergeben sich daraus?
Es geht zum einen darum, Prozesse zu optimieren. Nehmen wir das Beispiel aus einer Wintersportregion. Da gibt es Bergbahnbetreiber, die jeden Tag in der Früh die aktuellen Schneehöhen und offenen Lifte in 10 oder 15 Portale eintragen. Wir arbeiten jetzt daran, dass die Daten automatisiert auf allen relevanten Plattformen ausgespielt werden. Das spart den touristischen Leistungsträger:innen Zeit und Kosten. Ein anderer Punkt ist die Reichweite und Sichtbarkeit der Daten: Wenn sie nicht nur auf der eigenen Website stehen, sondern darüber hinaus auf allen großen Portalen, können Gäste Informationen viel leichter finden. Damit ist der freie Datenfluss, den wir mit der BayernCloud Tourismus gewährleisten möchten, die Voraussetzung für mehr Effizienz und Gästezufriedenheit.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt auch im Tourismus eine immer größere Rolle. Kann die BayernCloud auch einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten?
Ja, das kann sie – und zwar auf unterschiedlichen Ebenen. Über die BayernCloud finden Gäste zum Beispiel Informationen dazu, an welchen Orten sie bei der An- und Abreise auf den eigenen Pkw verzichten können. Damit schafft die BayernCloud eine Grundlage für bewusste Entscheidungen. Ein anderer, sehr wichtiger Aspekt ist das Thema Besucherlenkung. Wir binden in die BayernCloud auch Echtzeitdaten zum Wetter oder zur Auslastung von Parkplätzen und ähnlichem ein. Diese Daten sind Basis für die Entwicklung digitaler Assistenten und anderer Anwendungen, die auf künstlicher Intelligenz beruhen. Unsere Vision könnte man so beschreiben: Ich möchte in der Früh von München aus zum Wandern fahren. Mein Navi lotst mich unter Berücksichtigung meiner persönlichen Präferenzen automatisch zu einem Ziel, zu dem ich ohne Stau komme, und wo ich auf jeden Fall einen freien Parkplatz finde. Auf diese Weise können wir auch kleinere, nicht so bekannte Orte und Regionen stärker in den Fokus rücken – und gleichzeitig die Situation an touristischen Hotspots verbessern. Davon profitieren alle: Gäste, Regionen und ihre Bewohner und die Natur.
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie derzeit?
Die größte Herausforderung ist verbunden mit dem Thema Open Data, also die Lizenzierung der Daten, sodass sie rechtssicher genutzt werden können. In der Vergangenheit hat das für die meisten touristischen Akteur:innen auf den unterschiedlichen Ebenen keine Rolle gespielt, da sie die Informationen ohnehin nur auf der eigenen Website ausgespielt haben. Wir stehen hier in engem Kontakt zu allen Datenlieferanten, also zum Beispiel zu den Destinationen oder Dachverbänden. Anfangs sind wir auf viele Skeptiker gestoßen: Die Sorge, den eigenen Datenschatz weiterzugeben, war groß – ebenso die Sorge vor personellem und finanziellem Mehraufwand. Aber das ändert sich. Wir machen viele Schulungen, Workshops, stellen Info-Flyer zur Verfügung. Wir klären auf, unterstützen mit Muster-Lizenzverträgen für Fotografen usw.. Die Vorteile werden so immer deutlicher gesehen und verstanden.
Abgesehen von der BayernCloud: Welche Themen treiben Sie darüber hinaus voran?
Wir beobachten permanent Trends und aktuelle Themen, die die Digitalisierung betreffen und evaluieren, welcher Mehrwert sich daraus für den Tourismus ergeben könnte. Beispiele sind Augmented Reality und Virtual Reality, KI-Tools oder auch Chat-GPT.
Ein Projekt, das wir bereits erfolgreich an den Start bringen konnten, ist die Digitalisierung der braunen Autobahnschilder, die am Straßenrand auf Sehenswürdigkeiten hinweisen. Aktuell überarbeiten wir außerdem unsere umfangreiche, bayernweite und multithematische Bilddatenbank, die für einen weltweit einheitlichen Außenauftritt Bayerns sorgt und ebenfalls an die BayernCloud angeschlossen wird. Ein anderes Projekt ist eine digitale Wissensplattform zu touristischen Inhalten wie Nachhaltigkeit, Marketing und Digitalisierung.
Eine letzte Frage: Können touristische Regionen ohne Fortschritte bei der Digitalisierung künftig überhaupt überleben?
Überleben sicherlich. Ein Schloss Neuschwanstein, ein Tegernsee, die wirklich bekannten Sehenswürdigkeiten und Anziehungspunkte, würden ihre Besucher sogar dann finden, wenn sie nicht online präsent wären. Aber in der Breite ist es sehr wichtig, den Anschluss nicht zu verlieren. Sonst verliert man irgendwann auch die Gäste. Diese erwarten heute, auf den Kanälen, die sie auf dem Smartphone nutze, alle Infos zu bekommen, die sie suchen. Sie wollen nicht mehr in die Touristikinfo gehen, um sich dort zehn Flyer zu holen.
Mehr zum Thema: Erste landesweite Erfolge in Sachen Besucherlenkung gibt es bereits. Im Blog stellen wir den Digitalen „Ausflugsticker 2.0“ vor. Das Onlineangebot ermöglicht es, ohne lange Suche einen Parkplatz zu finden, Staus und Warteschlangen zu umgehen und Menschenansammlungen zu vermeiden.