Das Positionspapier präsentiert 25 praktische Beispiele. © Landkreistag NRW
Ein aktuelles Positionspapier des Landkreistags Nordrhein-Westfalen beschäftigt sich mit der Bedeutung von Geoinformationen bei der Digitalisierung der Verwaltung. Das Fazit: Es gibt schon viele gute Projekte, aber mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen für das Thema sind nötig.
Verwaltungsdigitalisierung kann nur durch eine Vernetzung mit Geodaten gelingen – das ist die zentrale Erkenntnis eines Positionspapiers zur Bedeutung von Geoinformationen für die digitale Zukunft, das im Juli 2023 vom Ausschuss für Vermessungswesen und Geoinformation des Landkreistags Nordrhein-Westfalen veröffentlicht wurde. „Die digitale Transformation ist dabei eine kommunale Gestaltungsaufgabe, die nicht nur auf die technische Umsetzung reduziert werden darf. Vielmehr ist sie als ‚ganzheitliche integrierte Entwicklung von Mensch, Organisation und Technik‘ zu verstehen“, heißt es in der Schlussfolgerung. Geoinformationssysteme, der weitere Aufbau von Geodateninfrastrukturen (GDI) sowie Digitale Zwillinge als „Schaufenster der komplexen Datenwelt“ seien mittlerweile unverzichtbare Bestandteile passender Umsetzungsstrategien.
Für Dr. Stefan Ostrau, Fachbereichsleiter und Digitalisierungsbeauftragter im Kreis Lippe, der die Projektgruppe zur Erstellung des Papiers „Kreise in NRW – Mit Geoinformationen in die digitale Zukunft“ geleitet hat, war die Auseinandersetzung mit dem Thema auf Kreisebene längst überfällig: „Wir haben auf Bundesebene seit Langem Geofortschrittsberichte, in denen der Bund und die Länder darstellen, was sie alles gemacht haben. Wir wollten zeigen, dass in den Kommunen auch viel passiert und haben in 31 Kreisen abgefragt, welche Aktivitäten dort laufen, welche Tools eingesetzt werden und an welchem Punkt sie stehen.“
Herzstück des Papiers bilden eine gründliche Analyse des Status quo in den Bereichen GDI und Geodatenmanagement (GDM) sowie 25 Beispiele dafür, wie in nordrhein-westfälischen Landkreisen Geo-informationen bereits zum Einsatz kommen – von der Bewältigung von Klimaherausforderungen und der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) über intelligente Planung von Basisinfrastrukturen und Mobilitätskonzepten bis hin zu so genannten digitalen Zwillingen, die die Kommunen aufbauen. Im Fazit steckt ein eindringlicher Appell, die bisherigen Bemühungen nicht nur fortzusetzen, sondern auch zu intensivieren. Die Autoren argumentieren, dass Geoinformationen in vielen kommunalen Aufgabenbereichen noch zu wenig Beachtung finden und isoliert betrachtet werden. „Allerdings hat sich auch schon sehr viel getan. Im Vergleich mit einer ähnlichen Abfrage, die vor 13 Jahren stattgefunden hat, wurde deutlich, dass wir in NRW schon erheblich weitergekommen sind“, betont Stefan Ostrau. „Heute haben wir mit Breitband und 5G ganz andere Möglichkeiten, Massendaten in Echtzeit abzugreifen und für uns zu nutzen. Dazu wollen wir Weiterentwicklungspotenziale aufzeigen und für Ressourcen werben.“
Für Ostrau sind die Beispiele, die den größten Mehrwert für die Bevölkerung bieten, am wichtigsten. Er nennt unter anderem die Erfassung von Starkregenereignissen im Kreis Lippe mithilfe von Sensoren als effektives Instrument, um den Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser zu verbessern. Unter den Beispielen finden sich auch ein interaktiver Online-Mietspiegel im Oberbergischen Kreis, ein Projekt zur Chancengerechtigkeit von Kindern und Jugendlichen im Kreis Herford oder eine interaktive Klimafolgenkarte im Kreis Minden-Lübbecke. Die Einsatzmöglichkeiten sind also vielfältig.
„Wir sind schon gut aufgestellt, und zukünftig werden kommunale GDI und 3D-Modelle, also digitale Zwillinge, aufgrund ihres Innovationscharakters eine zentrale Bedeutung bei den Kreisen in NRW einnehmen. Sie werden uns erheblich dabei unterstützen, die vielfältigen Aufgaben zu bewältigen und die Verwaltung zu modernisieren“, sagt Stefan Ostrau voraus. Da die Arbeitsgruppe aber eine große Schere zwischen führenden Smart Cities und eher „zurückgebliebenen“ Städten konstatiert hat, sind weitere Anstrengungen nötig. „Vernetzung und Wissensaustausch ist hier zentral. Wir werden demnächst eine digitale Informationsveranstaltung für alle 294 deutschen Kreise durchführen und uns auch mit anderen Bundesländern austauschen. Es ist wichtig, dass wir uns zusammenschalten und Parallelentwicklungen zusammenführen“, betont der Digitalisierungsexperte.
Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen (LKT NRW) ist der kommunale Spitzenverband der Kreise in Nordrhein-Westfalen mit rund 11 Millionen Einwohnern. Mitglieder sind die 31 Kreise in Nordrhein-Westfalen. Außerdem gehören dem LKT NRW die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sowie der Regionalverband Ruhr als außerordentliche Mitglieder an. Weitere Informationen gibt es auf lkt-nrw.de. Das Positionspapier „Kreise in NRW – Mit Geoinformationen in die digitale Zukunft“ kann hier heruntergeladen werden. Das zugehörige Dashboard finden Sie hier.
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