Digitale Endgeräte gehören immer häufiger zum Schulalltag dazu. Wichtig ist, dass alle Schüler:innen Zugang dazu bekommen. © istock.com/FatCamera
Der Digitalpakt Schule ist eines der größten Programme in Deutschland, wenn es um den Themenkomplex Bildung und Digitalisierung geht. Es läuft noch bis 2024 und hat sich zum Ziel gesetzt, Schulen besser mit Hardware auszustatten. Dafür unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden bei Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur – und stellt insgesamt 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Doch erreicht das Programm seine Ziele? Welche Unterschiede gibt es zwischen den Regionen? Und wie soll es mit der Digitalisierung an Schulen weitergehen? Anfang des Jahres hat Digitales Bürgernetz bei Jette Wagler, Pressesprecherin des Landesschülerbeirats Baden-Württemberg, nachgefragt. „Der Digitalpakt hat dafür gesorgt, dass viele Schulen heute über eine digitale Grundausstattung verfügen. Das ist eine gute Sache“, sagt Jette Wagler, betont jedoch auch: „Unterschiede gibt es bei schnellem Internet. Da stehen die Städte insgesamt etwas besser dar als die ländlichen Regionen. Gleiche Bedingungen wären hier wünschenswert. Das Mindeste, was für Lehrerinnen und Lehrer vorhanden sein muss, ist der Zugriff auf ein funktionierendes Internet. Inzwischen sind wir so weit, dass wir sagen, es muss auch kostenloses WLAN für Schülerinnen und Schüler geben.“ Von einem künftigen Digitalpakt 2.0 wünscht sie sich vor allem „weniger Bürokratie, damit die Dinge schneller bei uns ankommen.“
Während der Digitalpakt die Grundvoraussetzungen für die digitale Teilhabe in Schulen schafft – und damit Programmierunterricht oder Social-Media-Projekte unterstützt –, kümmern sich viele außerschulische Angebote um digitale Bildungsinhalte. Zum Beispiel Coding-Workshops für Kinder und Jugendliche gibt es mittlerweile in vielen größeren Städten.
Angebote wie Techeroes sind dagegen auch mobil unterwegs: Gründer Rinku Sharma fährt mit einem „Tectruck“ von Kommune zu Kommune, um Kindern und Jugendlichen beizubringen, was man mit digitalen Technologien machen kann. Das niedrigschwellige Angebot nutzt Techeroes-Figuren, die mit ihren Superkräften besondere Herausforderungen lösen müssen. „Man muss diese Themen für Kinder interessant machen, über Geschichten, die jedes Kind gerne hört“, sagt Rinku Sharma.
Er hat bei seinem eigenen Nachwuchs beobachtet, dass „Kinder in Deutschland digitale Angebote hauptsächlich als Konsumenten wahrnehmen, aber nicht als komplexe Technologie, die es sich lohnt zu ergründen und zu verstehen. Sie wollen Influencer oder Youtuber werden, anstatt sich mit den digitalen Technologien so zu beschäftigen, dass sie sie später für komplexe Berufe einsetzen können.“ Das wollte der zweifache Vater ändern und hat mit seinem Bruder das Start-up für digitale Bildung Techeroes gegründet. Das Unternehmen bietet mittlerweile neben Workshops und Kursen auch Hackathons oder Events für Kindergeburtstage an.
Ebenfalls im Bus unterwegs ist das diesjährige Gewinnerprojekts des Wettbewerbs „Digitale Orte“ in der Kategorie Bildung: Das Kunst-, Kultur und Zukunftslabor Fabmobil macht an sächsischen Schulen, Jugendzentren und Begegnungsorten Station – mit Digitaltechnik und Werkzeugmaschinen an Bord. Der Doppeldeckerbus fährt häufig Orte auf dem Land an, um den Mangel an kulturellen und künstlerischen Angeboten für junge Menschen auszugleichen. „Alle, die beim Fabmobil aktiv sind, eint der Wunsch, einen lebenswerten, weltoffenen und zukunftsfähigen ländlichen Raum zu gestalten“, sagt Christian Zöllner, Vorstand Fabmobil e. V. „Unser Motto: Gleiche Lebensbedingungen für Stadt und Land. Beim Thema Digitalität hat die Stadt noch Vorsprung. Das muss nicht so bleiben.“
Junge Menschen ab 12 finden im Fabmobil eine Art „Makerspace“, in dem sie Technologien wie 3D-Druck, Virtual Reality, Robotik und Programmierung ausprobieren können. Zusätzlich betreut Fabmobil Lokallabore in ausgewählten Kleinstädten Sachsens.
Wir haben mit Sebastian Piatza von Fabmobil gesprochen:
Was bedeutet der Preis für das Projekt?
Sebastian Piatza: Es gibt interne und externe Momente, die solche Preise mit sich bringen: Zum einen ist es die Wertschätzung für das Team nach innen. Die Betreuer:innen stecken viel Leidenschaft und Ehrenamt in die Fabmobil Workshops – daher ist es wertvoll für sie zu merken, dass die Arbeit weitreichend, also nicht nur von den jugendlichen Teilnehmer*innen, anerkannt wird.
Der Preis ist zum anderen ein weiterer Grund der Fortsetzung des Projekts. Die dadurch kommunizierte bundesweite Aufmerksamkeit zeigt die Strahlkraft und Relevanz von unserer Arbeit und ist somit ein starkes Argument, das Fabmobil auch längerfristig zu fördern und nicht nur als temporäres Leuchtturmprojekt zu betrachten.
Welche Ansätze wollen Sie beim Fabmobil weiterentwickeln? Worauf legen Sie in den kommenden Monaten den Schwerpunkt?
Piatza: Es gibt drei Ansätze:
Was gibt es eurer Meinung nach für Herausforderung für die Digitalisierung an den Schulen?
Piatza: Was ich zunächst einmal interessant finde, ist die Bereitschaft sich diesen digitalen Themen zu öffnen – das ist deutlich spürbar. Herausfordernd ist die schnell wachsende Komplexität dieser digitalen Welt. Die ständig neuen Inhalte zu transportieren, das ist schwer – Stichwort KI. Wir müssen diese Technologien den Jugendlichen einerseits vermitteln und dann muss es den Schüler:innen auch noch erlaubt sein, sie zu nutzen. Das was das Fabmobil kann, ist solche Themen herunter zu brechen, auf eine verständliche Ebene, die die Tools in der Anwendung zeigen. Damit helfen wir den Schulen, die Komplexität begreifbar zu machen, denn der Einsatz dieser Technologien fordert zum Beispiel auch das sächsische Strategiepapier zur Digitalisierung der Schulen. Das Thema KI soll demnach auch an die Grundschulen gebracht werden – das muss man natürlich begleiten.
Was ist der Antrieb von Fabmobil?
Piatza: In den ländlichen, dezentralen Regionen Ostdeutschlands haben junge Menschen wenig, bis keinen direkten Zugang zu Digitaltechnologien. Uns ist aufgefallen, dass das zu einer Frustration der Jugendlichen auf dem Land führt, was sie leichter ansprechbar für abwegige Ideologien macht. Wir sind aus dem Kontext eines Designbüros auf die Idee des Fabmobils gekommen, denn was wir als Designer gelernt haben, ist, einer Idee eine Gestalt und Funktion zu geben. In der Stadt gibt es dafür Makerspaces, die die notwendigen Werkzeuge dafür bereit stellen. Jugendliche auf dem Land können ihren Ideen, je nach Komplexität, jedoch nur selten in funktionsfähige Prototypen realisieren. Ein Tisch beispielsweiseim kann in der heimischen Werkstatt der Eltern gebaut werden. Aber einen Roboter zu entwickeln, das ist schwer, denn der Zugang zu Creative Technologies ist in den ländlichen Räumen kaum gegeben. Damit wir das Gefühl des Abgehängtseins ein stückweit abbauen können, war es uns wichtig, dass wir mir unserem Angebot zu den Jugendlichen direkt fahren, um sie in Ihrer Lebensqualität abzuholen. Jährlich erreichen wir über 1300 Schülerinnen und Schüler abseits der Metropolen. Und deren Feedback ist es, was uns immer weiter antreibt.
Mit einem Makerspace für eine etwas ältere Zielgruppe hat es die Hochschulpräsenzstelle in Luckenwalde zu den Finalisten des Wettbewerbs „Digitale Orte“ geschafft. Das Projekt umfasst außerdem noch einen Showroom und einen Co-Working-Space – und steht allen Interessierten offen. „Jeder und jede ist in der Hochschulpräsenzstelle willkommen, um zum Beispiel die Infrastruktur im Makerspace kennenzulernen und am Open Lab Day an eigenen Projekten zu arbeiten“, betont Dana Mietzner, Projektleiterin TH Wildau. „So entstehen interessante neue Kooperationen und der Wissensaustausch ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Der Ort wird so gut angenommen, dass wir oft mehr Nachfragen haben als wir bedienen können.“ Zumindest hier scheint die digitale Bildung auf dem Land bereits angekommen zu sein.