Digitale Teilhabe - Digitales Bürgernetz

Niedersachsen: Wie Digitale Dorfheld*innen die Teilhabe fördern

#Gemeinschaft 10. Juli 2024

Digitale Dörfer Niedersachsen hat ein neues Schulungskonzept, das digitale Kompetenzen vermittelt. © Fraunhofer IESE/Stiftung Digitale Chancen

Digitale Dörfer Niedersachsen ist ein Projekt, bei dem es darum geht, dörfliche Gemeinschaften über eine digitale Plattform besser zu vernetzen und Teilhabemöglichkeiten zu verbessern. Zu den Lösungen gehören die DorfFunk-App als Kommunikationszentrale der Region, das Informationsportal Niedersächsische LandNews, der Digitale Schaukasten und der direkte Kommunikationskanal zur Verwaltung LösBar.

Jetzt gibt es ein neues Schulungskonzept, um den Zugang zu diesen Lösungen zu verbessern und die Teilhabe zu steigern: Die Ausbildung richtet sich an digitale Dorfheld*innen, die Bürgerinnen und Bürger einer Kommune beim Umgang mit der Digitale-Dörfer-Plattform unterstützen oder in der DorfFunk-App moderieren. Paul Wolf, wissenschaftlicher Referent bei der betreuenden Stiftung Digitale Chancen, gibt im Interview Einblick in Ziele und Inhalte der Schulung.

Ihr neues Ausbildungskonzept richtet sich an Digitale Dorfheld*innen und solche, die es werden wollen. Um was geht es bei der Schulung?

Die digitalen Dorfheld*innen sollen die digitale Teilhabe verbessern, indem sie andere unterstützen: Letztlich geht es darum, Leute abzuholen, die Berührungsängste mit digitalen Tools haben. Wir reagieren aber auch darauf, dass es bereits viele Engagierte gibt – der zentrale DorfFunk und die anderen Austauschmöglichkeiten sind nämlich bereits sehr erfolgreich! Diesen Menschen wollen wir Kompetenzen vermitteln und das Engagement stärken.

Die Schulung selbst ist offen für alle: Auch Menschen mit wenig digitaler Erfahrung können damit lernen und sich ausbilden lassen, um ihr Wissen anschließend weiterzugeben. Gerade führen wir vom Projektteam die Trainingseinheiten selbst durch, und da fällt tatsächlich auf, dass ganz unterschiedliche Menschen zu den Modulen kommen: solche mit viel Erfahrung, solche mit Interesse am DorfFunk und solche, die einen Einstieg ins digitale Engagement suchen. Bereits die Schulung bringt also Menschen zusammen – und das ist ja auch das zentrale Anliegen des Projekts Digitale Dörfer Niedersachsen.

Porträtbild von Paul Wolf, Stiftung Digitale Chancen.
Paul Wolf von der Stiftung Digitale Chancen begleitet das Ausbildungskonzept für Digitale Dorfheld*inen. © Martin Liebetruth

Welche Inhalte erwarten die Teilnehmenden? Und in welchem Schulungsformat?

Wir haben einen Leitfaden erstellt, damit das Schulungskonzept auch ohne uns umgesetzt werden kann. Damit sind sowohl bundeslandweite Online- als auch Präsenzschulungen vor Ort, zum Beispiel im Gemeindesaal, möglich.

Die Schulung umfasst sechs Module: Es geht zunächst darum, das Lehren zu lernen. Das ist wichtig, weil wir Leute zertifizieren, ihr Wissen über die Digitale-Dörfer-Plattform weiterzugeben. In Modulen wie „Fit am Smartphone“ oder der detaillierten Vorstellung des DorfFunks bzw. der Niedersächsischen LandNews geht es recht konkret darum, Berührungsängste abzubauen. Auch Cybersecurity spielt in der Schulung eine Rolle, wenn es um sichere Passwörter und Internetsicherheit geht. Wir geben den Dorfheld*innen außerdem Techniken und Prinzipien für die Moderation der digitalen Kanäle an die Hand und besprechen, wie unsere digitalen Lösungen den demokratischen Austausch stärken können. Viele der Module sind spielerisch aufgebaut: Die Schulung soll ja auch Spaß machen.

 

Sie betonen die Moderationsprinzipien und die Bedeutung der Demokratiestärkung in der DorfFunk-App. Gibt es denn Fälle von Fake-News oder ähnliches?

Es gibt bislang sehr selten unangemessene Beiträge, aber wenn das passiert, ist die Moderation gefragt. Die meisten Nutzerinnen und Nutzer sind über ihre Klarnamen identifizierbar und auf dem Dorf kennt man sich häufig auch im richtigen Leben: Das macht es schwerer, extreme Ansichten zu äußern oder ausfällig zu werden.

Den demokratischen Austausch in der Gemeinschaft fördert es, dass DorfFunk, die LandNews und LösBar eine größere Nähe zur Verwaltung ermöglichen. In unserer Begleitforschung konnten wir sehen, dass

Demokratie und Resilienz von der digitalen Teilhabe profitieren. Denn digitale Tools bieten eine Form der Öffentlichkeit, in der es gelingen kann, Beteiligungsprozesse anzustoßen und Engagement zu fördern. Oft entstehen dort auch spontane Hilfsangebote oder es finden sich Gleichgesinnte.

Welche Voraussetzungen müssen Ihrer Erfahrung nach erfüllt sein, damit Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Regionen von digitalen Angeboten profitieren?

Um die digitale Teilhabe zu stärken, hilft es, wenn die Technik simpel und der Zugang niedrigschwellig ist. Da sind wir mit der Digitale-Dörfer-Plattform vom Fraunhofer-Institut IESE auf einem guten Weg. Eine weitere Voraussetzung ist, dass es eine gewisse Begleitung gibt, also Menschen, die ich auf die digitalen Tools ansprechen kann. Am allerwichtigsten ist unserer Erfahrung nach aber eine kritische Menge an Nutzerinnen und Nutzern: Wenn sich eine Kommune für den DorfFunk entscheidet, holt diese möglichst viele Gruppen ins Boot. Dann speist die Verwaltung Informationen ein, die Vereine geben ihre Termine bekannt und Nachbarn tauschen sich aus.

Ich glaube, dass in ländlichen Regionen auch die persönliche Ansprache eine besondere Rolle spielt. Wenn sich Verantwortliche einfach mal auf den Marktplatz stellen oder Flyer verteilen, wirkt das überzeugender als ein digitaler Aufruf. Diese Überlegung haben wir in unser Schulungskonzept Digitale Dorfheld*innen aufgenommen: Wir merken immer wieder, dass die klare Trennung in digital und analog nicht greift. Denn der digitale DorfFunk funktioniert da gut, wo sich die Leute auch analog begegnen. Das merkt man im Plausch und den Gruppen am Tonfall: Er ist persönlicher als in einem anonymen Forum.

Wie entwickelt sich das Projekt Digitale Dörfer Niedersachsen weiter?

Der Roll-out und die wissenschaftliche Begleitung laufen noch bis 2025. So lange stehen die digitalen Lösungen den angeschlossenen Dörfern kostenfrei zur Verfügung. Nach Projektende sollen die Kommunen fähig sein, den DorfFunk sowie die anderen Kanäle eigenständig zu nutzen und das Konzept weiterzutragen. Mit unseren Leitfäden und Empfehlungen sollte das funktionieren: Als gutes Projekt denken wir über uns hinaus.

Bis dahin gibt es aber sicher noch viel Feedback, auf das wir auch reagieren. Im Mai hatten wir rund 55.000 Nutzerinnen und Nutzer und ich bekomme am laufenden Band E-Mails mit Verbesserungsvorschlägen. Das freut mich sehr, weil es zeigt: Die Menschen sind wirklich engagiert dabei!

Digitale Dörfer Niedersachsen

Digitale Dörfer Niedersachsen unterstützt Kommunen bei der Digitalisierung in ländlichen Räumen. Die  DorfFunk-App und angeschlossene Kanäle ermöglichen den Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und erleichtern die Kommunikation mit der Verwaltung. Die Plattform erreicht eine breite Zielgruppe: In Niedersachsen zählte das Projekt im Mai 2024 rund 55.000 Nutzerinnen und Nutzer.

Digitale Dörfer Niedersachsen ist ein Kooperationsprojekt der Stiftung Digitale Chancen mit dem Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE). Es wird vom Niedersächsischen Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung gefördert. Für die dreijährige Projektlaufzeit bis 2025 sind die Angebote für die teilnehmenden Kommunen aufgrund der Projektförderung kostenfrei.

https://www.digitale-doerfer-niedersachsen.de/

 

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