In vielen Kitas erleichtern digitale Tools die Abstimmung zwischen Eltern und Einrichtung. © KI-generiert
Brauchen Kitas einen gut funktionierenden digitalen Kommunikationskanal, um sich schnell mit den Eltern auszutauschen und kritische Situationen zu managen? Bis vor wenigen Jahren war das in vielen Einrichtungen keine Frage – doch die Corona-Pandemie, in der die Kinderbetreuung stark betroffen war, hat daran etwas geändert: In der Befragung des Deutschen Kitaleitungskongresses (DKLK) von 2021 landete die Verbesserung der digitalen Ausstattung unter den drei größten Wünschen, um die Gesamtsituation im Kitaalltag zu verbessern.
Seitdem haben einige Einrichtungen sogenannte Kita-Apps eingeführt: Die DRK-Kita in Plettenberg-Ohle nutzt zum Beispiel seit Anfang 2020 die Software Leandoo, erleichtert so das Datenmanagement und verbessert die Kommunikation zwischen Mitarbeitenden und Eltern. Zu den Vorteilen zählte die Leiterin Diana Neuhaus im Interview mit Digitales Bürgernetz, dass „alle Daten an einem Ort sind, wir jederzeit darauf zugreifen und Dinge auch unkompliziert auswerten können.“ Um Mitarbeiterentlastung und den Informationsaustausch geht es auch bei anderen Tools – etwa der Famly App, die gerade in sechs Trierer Kitas eingeführt wurde. Thomas Winkel leitet eine der Kitas und beobachtet, wie sich die Abwicklung von Krankmeldungen vereinfacht hat: „Früher klingelte andauernd das Telefon, es gab teilweise sieben verschiedene Anwesenheitslisten. Jetzt haben unsere Fachkräfte mehr Freiräume, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Transparenz wird deutlich verbessert, weil alle zum gleichen Zeitpunkt den gleichen Informationsstand haben.“
Die Vorteile der digitalen Kommunikation wollen immer mehr Einrichtungen für sich nutzen. Unterstützung bekommen sie jetzt von einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO: Der Forschungsbereich Digital Business hat untersucht, warum Kita-Apps zur Kommunikation genutzt werden, welche Vorteile sich daraus ergeben und wie Einrichtungen solche Tools auswählen und einführen können.
Das können Kita-Apps laut der Studie leisten:
Die Studie betrachtet die Auswahl und Einführung einer Kita-App als „typisches Digitalisierungsprojekt“, bei dem die neue Software-Prozesse abbildet, die bislang auf Papier oder mit Standard-Computerprogrammen wie Excel umgesetzt wurden. Deswegen empfiehlt sie ein Vorgehen, dass sich an der Systemauswahl in der IT orientiert:
Phase 1: Vorabinformationen und Bedarfsidentifikation
Wenn Eltern oder Mitarbeitende sich eine Kita-App wünschen, sollten sie ihre Idee mit dem Träger besprechen: Denn der ist verantwortlich für die Einführung einer neuen Software. Danach gilt es, erste Informationen über vorhandene Systeme zu sammeln und herauszufinden, welchen konkreten Bedarf es in der Kita gibt. Der Träger muss die Finanzierung klären.
Phase 2: Anforderungsdefinition und Marktevaluation
Im zweiten Schritt wird es konkreter: Mit Workshops, Marktrecherchen und Anforderungskatalogen kommen Einrichtungen „ihrer“ App näher und erstellen Auswahlkriterien. Sie planen auch, ob zum Beispiel neue Tablets angeschafft werden müssen und holen konkrete Angebot für Kita-Apps ein.
Phase 3: Angebotsevaluation
Das Projektteam bewertet die Angebote anhand der definierten Auswahlkriterien. Wichtig ist hier auch die DSGVO-Prüfung, um ein datenschutzkonformes System auszuwählen. Stimmt auch der Preis, steht dem Vertragsabschluss nichts mehr im Wege.
Phase 4: Systemeinführung
Die Kita überlegt sich, wie und wann sie die App einführen will, entwickelt eine Startdokumentation und holt ggf. Einwilligungen
zur Verarbeitung personenbezogener Daten ein. Das System wird getestet, während die Mitarbeitenden lernen, damit umzugehen. Außerdem muss klar sein, wo es im Falle von Unklarheiten oder Fehlern Support gibt.
Phase 4: Betrieb
Jetzt nutzen Eltern und Mitarbeitende die App im Kita-Alltag, geben Feedback und unterstützen so die Weiterentwicklung des Tools. Für den Support der Nutzer:innen ist die Einrichtung zuständig; der technische Betrieb liegt beim Träger.
Besonders spannend für Kitas, die sich für eine App interessieren: Die Studie präsentiert nicht nur einen Fünf-Punkte-Leitfaden, sondern auch Praxisbeispiele. Vertreter:innen städtischer Kita-Träger aus Ludwigsburg, Stuttgart und Waiblingen berichten von ihren Erfahrungen mit ihren neuen Kita-Apps.
So nutzen beispielsweise 23 Einrichtungen in Ludwigsburg die Kommunikationslösung KIKOMM, die unter anderem einen Check-in und Check-out sowie Kalender-, Pinnwand- und Chatfunktionen bietet. Auch Fotos können mit den Eltern geteilt werden. „In unserer Einrichtung sind alle restlos glücklich damit“, sagt Einrichtungsleiterin Katja Schwab: „Die Nutzung der Kita-App wird inzwischen gar nicht mehr in Frage gestellt – mit dem Vertrag erhalten die Eltern den Zugangscode für die Kita-App und haben die Möglichkeit, dort bereits mitzulesen, bevor ihr Kind seinen ersten Tag in der Einrichtung verbringt.“
Das Jugendamt der Stadt Stuttgart ist Träger von 174 Kindertageseinrichtungen und hat sich für eine reine Kommunikationslösung des Anbieters Assemble entschieden. Julia Tietz, Qualitätsbeauftragte für Medien und Digitalisierung, berichtet von einer aufwendigen Ausschreibung und geglückten Einführung und gibt zu bedenken: „Die richtige Ausstattung ist zum Betrieb einer Kita-App essenziell. Dazu gehören nicht nur ausreichend Tablets, sondern man muss zum Beispiel auch den Internetzugriff in den Einrichtungen sicherstellen. Da es in unseren Einrichtungen bisher kein WLAN gibt, haben wir uns mit eSIMs, also mobilen Daten beholfen, aber selbst damit haben einige Einrichtungen Schwierigkeiten, weil dort der Empfang zu schlecht ist.“
Um nicht nur die Kommunikation, sondern auch Verwaltungsprozesse zu optimieren, setzt die Stadt Waiblingen auf ein Elternportal, das auch die Anmeldung zu Kitas und zur Ganztagsbetreuung in Schulen ermöglicht. Die Anwendung befindet sich noch im Pilotbetrieb, den der Koordinator Digitalisierung Johannes Tiemann mitbetreut: „Die sehr benutzerfreundliche Lösung trägt dazu bei, dass die Motivation unter den Mitarbeitenden weiter steigt. Die Anwendung macht einfach Spaß und die Modernisierung wird freudig erwartet. […] Vor allem gilt es, Hürden abzubauen. Dazu gehört auch die technische Ausstattung und dass eine gute Internetanbindung Voraussetzung ist.“
Die Autor:innen der Studie sind sich einig: Digitale Tools gehören flächendeckend in den Kita-Alltag. „Unbestritten ist, dass die Digitalisierung durch Kita-Apps eine schnellere Kommunikation ermöglicht und dadurch auch in zukünftigen Krisensituationen eine wichtige Rolle spielen kann. Vielerorts wurde dieser Bedarf durch die Corona-Pandemie erkannt und Kita-Apps wurden inzwischen beschafft.“ Es sei allerdings sehr wichtig, für kleinere Träger und zum Beispiel Eltern-Kind-Initiativen die Möglichkeit zu schaffen, sich größeren Trägern anzuschließen. Sonst sei die aufwendige Implementierung kaum umzusetzen.
Das Fraunhofer-Institut IAO hat für die Studie Leitfaden-Interviews durchgeführt, um sowohl die Elternperspektive zu Kita-Apps als auch die Erfahrungen von Trägern zu berücksichtigen. Entstanden ist ein Katalog, der die Möglichkeiten von Kita-Apps aufzählt – sowie ein Leitfaden, an dem sich Einrichtung bei der Auswahl orientieren können.
Die Studie wurde aus Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft finanziell unterstützt und im Forschungsbereich Digital Business am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO erstellt.
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