Weniger Aufwand: Mit Hilfe von modernen Legeverfahren werden Straßen und Gehwege nur geringfügig geöffnet und schneller wieder geschlossen. © Deutsche Glasfaser
Der Glasfaserausbau in Deutschland soll schneller vorangehen. Doch eine Bremse sind aufwendige Tiefbauverfahren – darin sind sich alle einig. Auf der Suche nach einer Lösung wurden in den vergangenen Jahren Methoden erprobt, die mit moderner Bautechnik die hohen Kosten und Kapazitäten der Baufirmen senken: Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren schlitzen den Boden lediglich auf. Dann werden Leerrohre für die Glasfaser verlegt und der Schlitz bzw. Graben wieder aufgefüllt. Das Vorgehen ist – an geeigneter Stelle – seit vielen Jahren erlaubt und üblich. Doch erst im vergangenen Jahr trat die DIN 18220 in Kraft. Die Normierung legt Standards für die mindertiefen Verlegetechniken im Glasfaserausbau fest und schafft Rechtssicherheit, wenn sich Kommunen und Unternehmen für die Verfahren entscheiden.
„Dass unser erprobtes Ausbauverfahren der neue Branchenstandard wird, erfüllt mich mit Stolz“, sagte Andreas Pfisterer, CEO der Deutsche Glasfaser Unternehmensgruppe zur Normierung. Deutsche Glasfaser gehört zu den Unternehmen, die bereits seit über zehn Jahren auf die modernen Methoden setzen, um den schnellen und effizienten Ausbau voranzutreiben. Für das neue Regelwerk hatten sich seit 2020 mehr als 30 Expertinnen und Experten in einem Gremium ausgetauscht – darunter Gerda Meppelink, Senior Expertin Politik und Verwaltung bei Deutsche Glasfaser, als Vertreterin der TK-Industrie. Für ihr Engagement erhielt sie 2023 den Award des FTTH Council Europe. „Das war ein Kompliment für uns alle und zeigt, wie wichtig eine Normierung für unsere Industrie ist“, sagt Meppelink. „Mit der neuen Norm können wir hoffentlich durchsetzen, dass Glasfaser auch in Deutschland so gebaut wird, wie es sich gehört: nämlich innovativ, modern und ressourcenschonend.“
Die in der Norm beschriebenen Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren greifen weniger umfassend ein als der traditionelle Tiefbau. „Der Straßentiefbau stellt zu Recht hohe Anforderungen an die Baufirmen, weil man für Strom-, Wasser- oder Gasleitungen tief ausheben und die Straße aufwendig wiederherstellen muss“, erklärt Gerda Meppelink. „Eine Glasfaserleitung ist aber klein und zudem unempfindlich gegenüber Frost, Feuchtigkeit oder Blitzschlag. Das heißt: Wir können geringfügig eingreifen, die Leitung verlegen und die Öffnung am gleichen Tag wieder schließen. Das löst eine unserer aktuell größten Herausforderungen: Die Kapazitäten in der Bauwirtschaft sind knapp und die Baukosten enorm in die Höhe gegangen. Durch die mindertiefe Verlegung lässt sich also Zeit und Geld sparen. Nur so gelingt der zügige Fortschritt im flächendeckenden Glasfaserausbau.“
Experten schätzen, dass Arbeiten so bis zu fünf Mal schneller abgeschlossen werden. Jetzt kommt es für die Unternehmen darauf an, die Kommunen von den Vorteilen der Verlegetechniken zu überzeugen. Die Normierung ist dabei ein gutes Argument, weil sie Rechtssicherheit schafft.
Im Interview mit Gerda Meppelink haben wir die wichtigsten Fragen zu den verschiedenen Verlegmethoden von Glasfaser besprochen. Die Expertin für Glasfaser-Bauthemen hat für ihre Verdienste um die Durchsetzung moderner Verlegetechniken in Deutschland 2023 unter anderem den Individual Award des FTTH Council Europe verliehen bekommen.
Beim Glasfaserausbau unterscheidet man die offene, grabenlose und oberirdische Bauweise. Bei der offenen Bauweise kann mit dem Bagger oder per Hand ein Graben ausgehoben werden oder ein Pflug zum Einsatz kommen, der den Boden aufschlitzt. Daneben gibt es Trenching-Verfahren, bei denen das Bauunternehmen den Boden auffräst. In den Graben oder Schlitz werden Leerrohre für die Glasfaser gelegt.
Zu den grabenlosen Verfahren zählen das Spülbohrverfahren oder die Erdrakete: Typisch ist, dass der Boden unterhalb der Oberfläche quer durchbohrt, aber der Bodenbelag nicht beschädigt wird.
Welches Verfahren zum Einsatz kommt, entscheiden die Unternehmen individuell je nach den Gegebenheiten vor Ort. Für einen schnelleren Ausbau bevorzugen Anbieter wie Deutsche Glasfaser Fräsverfahren, die Erdrakete und die Spülbohrung. Sind diese Verfahren nicht geeignet, wird in der klassischen Grabenbauweise ausgebaut.
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Die Verfahren für den Glasfaserausbau schlitzen den Boden lediglich auf, während die klassische Grabenbauweise Erdreich aushebt und eine größere Fläche des Bodenbelags zerstört. Die weniger invasiven Verfahren gelten als effizient und kostengünstig.
Mit Trenching, Fräs- oder Pflugverfahren können unterschiedliche Verlegetiefen realisiert werden. Unternehmen wie Deutsche Glasfaser arbeiten damit 40 Zentimeter tief in der Erde, auf dem sogenannten „Glasfaserniveau“. Das reicht für die Verlegung von Glasfaser aus, da diese unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit, Frost und Blitzschlag ist.
Die Trench-, Fräs- und Pflugverfahren sind bereits seit etwa einem Jahrzehnt erlaubt und werden seitdem in Deutschland regelmäßig angewendet – zum Beispiel von Unternehmen wie Deutsche Glasfaser. Es gibt also bereits langjährige Erfahrungen mit den Methoden. Eine Norm (DIN 18220) definiert seit 2023, was die Verfahren sind, wann und wo sie eingesetzt werden können und wie sie auszuführen sind.
Obwohl die Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren im vergangenen Jahrzehnt häufig angewendet wurden, fehlten lange Zeit verbindliche Vorgaben für die Methoden – mit negativen Konsequenzen für den Bauprozess, Absprachen und Genehmigungen. Ab 2020 arbeiteten daher über 30 Expertinnen und Experten aus der Bauindustrie, Telekommunikationswirtschaft, Wissenschaft und öffentlichen Verwaltung an einer neuen Norm für die Verfahren.
DIN 18220 wurde im Juli 2023 veröffentlicht. Sie formuliert detaillierte Vorgaben und Qualitätsanforderungen für die modernen Bauverfahren beim Glasfaserausbau. Die Norm legt fest, wie die Verlegemethoden eingesetzt und ausgeführt werden sollen. Dabei definiert sie beispielsweise Mindestabstände zu vorhandenen Leitungen und Anforderungen an Planung und Dokumentation. Ein wichtiger Bestandteil sind die Qualitätsstandards, weil sie eine sichere Infrastruktur gewährleisten.
Welche Methode im Glasfaserausbau eingesetzt wird, hängt von der Art der Arbeit sowie von der örtlichen Situation ab. So eignet sich etwa das Pflugverfahren für den ländlichen Raum, um Glasfaser zwischen Ortschaften einzuziehen. Trenching- und Fräsverfahren, mit denen man bis zu 250 Meter pro Fräse und Tag schafft, haben sich bei Längstrassen unter Gehwegen und Straßen bewährt.
Andere Verfahren wie das Spülbohrverfahren werden z. B. bei Bahntrassen oder unter Flüssen eingesetzt, bei Hausanschlüssen leistet die Erdrakete gute Dienste. Und die klassische Grabenbauweise kommt z. B. bei Kurven und Einmündungsbereichen zum Einsatz.
Die mindertiefe Verlegung von Glasfaserkabeln durch Trenching oder Fräsen gilt als Chance, den Glasfaserausbau effektiver und kostengünstiger zu machen. Der Boden wird lediglich aufgeschlitzt und nach der Verlegung von Leerrohr und Glasfaserkabel wieder verfüllt: Das spart Zeit und Geld, weil weniger Erdarbeiten und Material benötigt werden. Anwohnerinnen und Anwohner schätzen häufig, dass sie durch die alternativen Verfahren weniger gestört werden: Die Straßen sind schneller wieder benutzbar. Dass bei den mindertiefen Verfahren weniger Erdreich ausgehoben wird, belastet auch die Umwelt weniger.
Kritiker der alternativen Ausbauverfahren befürchten, dass Kabel, die weniger tief verlegt werden, anfälliger für Beschädigungen durch Umwelteinflüsse oder (weitere) Bau- und Wartungsarbeiten sind. Deswegen wurden in DIN 18220 Mindestabstände zu anderen Leitungen festgelegt und Anforderungen für die Dokumentation der verlegten Glasfaserkabel formuliert.
Es gibt auch Bedenken, dass sich die Lebensdauer der Glasfaserkabel durch die mindertiefe Verlegung verkürzen könnte. Glasfaserkabel sind allerdings – einmal verlegt – durch Frost oder Blitzschlag nicht zu beeinträchtigen.
Die Normierung schafft vor allem Rechtssicherheit, wenn Glasfaser im Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren verlegt wird. Wenn mehrere Unternehmen beteiligt sind, gelten künftig Standards, so dass es kaum noch zu Differenzen kommen dürfte, wenn mehrere Unternehmen am Ausbau beteiligt sind.
Die Norm legt klar fest, was bei Bestandsermittlung, Bauplanung und -ausführung zu beachten ist. Das unterstützt Unternehmen und Kommunen bei der Antragserstellung – und könnte Genehmigungsverfahren beschleunigen.
In der Bauindustrie könnte die Normierung der Bauverfahren dazu führen, dass sich die Unternehmen auf die neuen Verfahren einstellen und zum Beispiel entsprechende Maschinen kaufen. Kommunen profitieren dann davon, dass die mindertiefe Verlegung breit verfügbar ist – bei Mängeln in der Ausführung können sie zudem auf die Qualitätsstandards in der Norm verweisen und Abhilfe verlangen.
Bei Bauarbeiten, um Glasfaser zu verlegen, kommt es immer wieder zu Schäden: Zum Beispiel können Straßen und Gehwege beschädigt oder Versorgungsleitungen angebohrt werden. Alle Bauunternehmen haben für solche Fälle Versicherungen. Anbieter ermöglichen es oft, Schäden online zu melden. Für Reklamationen, die die Dienstleistung oder Produkte betreffen, ist in der Regel der Kundenservice der Anbieter zuständig.
Deutsche Glasfaser nimmt zum Beispiel Bilder auf, die den Straßenzustand vor der Verlegung dokumentieren. So lassen sich Straße und Gehweg einfach wiederherstellen. Allerdings kann es passieren, dass beim Ausbau einer Kommune zwar Gräben oder Spalten schnell verfüllt werden – die letzte Asphaltschicht jedoch erst nach Abschluss aller Arbeiten im Bauabschnitt aufgetragen wird.
Nachdem alle Bauarbeiten abgeschlossen sind, erfolgt eine Abnahme durch die Kommune. Fallen dabei Mängel aus, muss der Anbieter nacharbeiten oder die Bearbeitung der Schäden bezahlen. Die neue Norm kann Kommunen helfen nachzuweisen, wenn bei der Verlegung nicht korrekt gearbeitet wurde.
Bauarbeiten an der Straße sind immer ein Eingriff in die gewohnten Abläufe der Nachbarschaft: Die Straße oder der Gehweg können vorübergehend nicht genutzt werden. Es entsteht Lärm durch die Baumaschinen und Staub durch den Bodenaushub.
Für Kommunen bedeuten Infrastrukturmaßnahmen zudem viel Arbeit – von der Genehmigung über Bürgeranfragen bis zur Abnahme. Dazu kommt, dass der Glasfaserausbau fast immer eine Premiere ist: Es gibt Erfahrungen mit Gas- und Wasserleitungen, nicht jedoch mit der Verlegung von Glasfaser.
Die Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren greifen im Vergleich zu klassischen Tiefbauverfahren weniger schwer in den öffentlichen Raum ein, sparen Zeit und Kosten. Baustellen entstehen in den Gemeinden aber dennoch. Und auch die Genehmigungsverfahren bleiben aufwendig. Mit der Normierung nach DIN 18220 können sich die Kommunen jetzt auf verbindliche Standards verlassen und sicher sein: Die Verfahren sind gut geeignet für die qualitativ hochwertige Verlegung von Glasfaser.
Eine Norm wird spätestens nach fünf Jahren überprüft.
Erweiterungen oder Änderungen sind möglich. So sagt Gerda Meppelink, die für Deutsche Glasfaser und andere TK-Unternehmen an der Norm mitgearbeitet hat: „Nicht normiert wurde zum Beispiel in der aktuellen Form eine Alternative zur Fräse, bei der ein Bagger mit kleinem Löffel eingesetzt wird. Wenn wir das künftig in die Norm aufnehmen, könnte das Bauunternehmen entlasten, die keine Fräse haben.“
DIN 18220 wurde bereits ins Englische übersetzt: Auch im Ausland gibt es Interesse an der deutschen Norm.
Die Norm „Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren zur Legung von Leerrohrinfrastrukturen und Glasfaserkabeln für Telekommunikationsnetze“ betrifft Bauarbeiten für die Glasfaserinfrastruktur im öffentlichen Raum und auf privaten Grundstücken – sofern die genannten Legeverfahren verwendet werden. Die Norm bezieht sich nicht auf oberirdische Leitungen oder den Glasfaserbau in Brücken und Tunneln, an Autobahnen und Fernstraßen oder Bahnlinien.
Zuständig ist das Gremium NA 005-10-11 AA „Trenching-, Fräs- und Pflugverfahren zur Legung von Leerrohrinfrastrukturen und Glasfaserkabeln für Telekommunikationsnetze“ beim Deutschen Institut für Normung e. V.
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