Jugendliche in Grüneberg bei der digitalen Geschichtsrallye, Bild: Ruth-Barbara Schlenker
Es ist ein lauer Nachmittag. Junge Leute laufen mit Smartphones und Tablets in der Hand durch Grüneberg. Das beschauliche Dorf liegt im Norden Brandenburgs. Mit einer Actionbound-App sind die jungen Leute auf den Spuren der Vergangenheit. In Grüneberg hatten die Nationalsozialisten ein Außenlager des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück errichtet. Im März 1943 trafen die ersten Häftlingsfrauen ein. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Lager aufgelöst.
„Geschichte vor Ort erlebbar machen“
„Geschichte vor Ort erlebbar machen – das ist die Idee hinter der Rallye. Ganz wichtig war uns, dass die Umsetzung nicht viel Geld kostet und wir junge Leute ansprechen, die vor allem digital unterwegs sind“, erzählt Tony Sieg. Er gehört der Initiative „Grüneberg erinnert“ an und hat gemeinsam mit anderen Jugendlichen und der Pfarrerin des Dorfes, Ruth-Barbara Schlenker, die Geschichte des Lagers erforscht – im Rahmen eines Jugendgeschichtsprojektes des Landesjugendrings.
„Als kleiner Junge bin ich immer an einer Gedenktafel vorbeigefahren“
„Als kleiner Junge bin ich mit dem Fahrrad immer an einer Gedenktafel vorbeigefahren. Wenn ich meine Eltern oder Großeltern gefragt habe, was dort passiert ist, bekam ich nur die Antwort, dass dort ein KZ-Außenlager stand.“ Das war Tony Sieg jedoch zu wenig. Er wollte mehr darüber erfahren und hat sich deshalb der Initiative angeschlossen. Die Mitglieder haben in Archiven recherchiert und Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus dem Ort befragt. Sie konnten sogar ehemalige Zwangsarbeiterinnen ausfindig machen und haben sie 2018 in Slowenien besucht. Was die Jugendlichen herausgefunden und zusammengetragen haben, kann über die App abgerufen werden: Texte, alte Luftaufnahmen, historische Fotos, Audiodateien und ein Video ihres Gesprächs mit den ehemaligen Häftlingsfrauen.
QR-Code einscannen und los geht es
Start der Geschichtsrallye ist am alten Bahnhofsgebäude. Einfach den QR-Code einscannen und schon geht es los. Vorbei an Einfamilienhäusern führt der Weg zur ehemaligen Munitionsfabrik, wo die Zwangsarbeiterinnen jeden Tag zwölf Stunden schuften mussten, und zu einer freien Fläche am Rande des Dorfes. Nahe der Bahnschranke stand einst das Lager mit zehn Holzbaracken. Nur einige Betonreste der Fundamente erinnern noch daran. Die letzte Baracke, in der die Wachmannschaft untergebracht war, wurde 1994 abgerissen. Am Kriegerdenkmal in der Mitte des Dorfes endet die Route. Sie kann bis zu zwei Stunden dauern. „Dank des Glaserfaserausbaus in Grüneberg muss aber niemand fürchten, dass sein Netz unterwegs zusammenbricht“, sagt Tony Sieg.