Kirche digital macht neue Gemeinschaften möglich - Digitales Bürgernetz

Kirche digital: Neue Gemeinschaften möglich machen

#Gemeinschaft 25. Oktober 2021

Konzerte und Gottesdienste werden live aus der Kirche übertragen, Bild: Kirche.plus

„Durch den Gottesdienst, der live gestreamt wird, entstehen ganz neue Beziehungen. Und es entwickelt sich eine Gemeinschaft zwischen Menschen, die sich noch nie begegnet sind“, sagt Pfarrer Wolfgang Loest. Er verantwortet die Social-Media-Aktivitäten in der Lippischen Landeskirche und das Projekt Kirche.plus. Kirche.plus ist ein Zusammenschluss von fünf evangelischen Kirchengemeinden – aus dem kleinen Dorf mit 800 Einwohnern bis hin zur Detmolder Innenstadt. Gemeinsam wollen die Gemeinden neue digitale Formate entwickeln und ausprobieren, um Menschen zu erreichen, die sich durch die klassische Kirchenarbeit nicht angesprochen fühlen.

„Für Kirche ist das ein Lernprozess“

Das Projekt soll Lust auf Kirche machen. Und dahinter verbirgt sich weit mehr als Gottesdienste zu streamen. Es geht auch um Teilhabe und Mitwirkung. „Wir wollen Menschen aus den Gemeinden ermutigen, vor eine Kamera oder ein Mikrofon zu treten und zu erzählen, was sie bewegt oder was sie am Glauben begeistert“, so Pfarrer Loest. In Pivitsheide ist deshalb ein kleines Studio mit moderner Technik, zum Beispiel einem Greenscreen, ausgestattet und mit Sitzmöbeln und Bücherregal eingerichtet. Es steht allen Interessierten offen. Sie können dort Talkformate, Videos oder Podcasts produzieren und auf dem Youtube-Kanal von Kirche.plus veröffentlichen. Emily und Lia podcasten seit einigen Wochen. Die jungen Frauen sprechen über den christlichen Glauben in einer Freundschaft, befragen eine Freundin zu ihrem Auslandsaufenthalt oder stellen Personen aus der Bibel vor. Ihre Zielgruppe sind junge Leute. „Kirche hatte das lange Zeit nicht auf dem Schirm, dass jede Community anders und ganz gezielt angesprochen werden muss. Für Kirche ist das ein Lernprozess“, sagt Pfarrer Loest.

„Über digitale Angebote können mehr Menschen erreicht werden als nur über die Pfarrerin oder den Pfarrer vor Ort.“

Entfernungen spielen keine Rolle mehr

Über digitale Angebote können mehr Menschen erreicht werden als über die Pfarrerin oder den Pfarrer vor Ort. Auch Entfernungen spielen plötzlich keine Rolle mehr. „Die Menschen würden nicht von Wöbbel in den Gottesdienst nach Wülfer-Ketterheide fahren. Das ist zu weit“, sagt Wolfgang Loest. „Aber sich den Gottesdienst auf Youtube anschauen, das geht wunderbar.“ Doch viele Kirchengemeinden in ländlichen Regionen hinken mit der Digitalisierung hinterher. Zum einen, weil nicht jedes Dorf an das Breitbandnetz angeschlossen ist, zum anderen, weil das nötige Wissen und die Spezialisten fehlen. Deshalb ist es wichtig, sich zusammenzuschließen – so wie es die Kirchengemeinden Detmold-Ost, Reelkirchen, Wöbbel, Pivitsheide und Wülfer-Knetterheide getan haben: Am 1. März 2020 ist Kirche.plus offiziell gestartet. Dann kam Corona und alle Pläne waren hinfällig. Wolfgang Loest erinnert sich noch gut an jenen Freitagabend, als es plötzlich hieß, alle Kirchen würden geschlossen und Gottesdienste könnten nicht mehr stattfinden. Gemeinsam suchte man nach einer Lösung. „Schnell stand fest, dass der Gottesdienst am Sonntag live im Internet stattfinden muss. Wir hatten auch alles zusammen, was wir dafür brauchten: die Menschen und die Technik.“ 

Ein Junge hilft bei den Videoaufnahmen
Alle Generationen helfen bei Kirche.plus mit, Bild: Kirche.plus

Alle Generationen ansprechen

Am 15. März 2020 wurde der erste Gottesdienst live aus einer kleinen Fachwerkkirche in Belle gestreamt, seitdem abwechselnd aus den Gotteshäusern der fünf Gemeinden. Ohne die Unterstützung der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wäre das nicht möglich. Sie leuchten den Raum aus, bedienen die Kameras, drehen die Regler auf und übernehmen die Regie. Wer sich live zuschaltet, kann sich per Chat beteiligen, eine Fürbitte oder einen Predigtteil schreiben, aber auch Fragen formulieren. Nachrichten sind auch per SMS oder WhatsApp möglich. Liedtexte werden zum Mitsingen eingeblendet und die Kollekte wird über einen virtuellen Klingelbeutel per QR-Code gesammelt. „Es ist schön zu sehen, dass alle Generationen Freude daran haben. Auch Familien, bei denen der Sonntagsgottesdienst vorher nicht ins Leben passte“, sagt Pfarrer Loest. Manche nutzen auch die Möglichkeit, sich den aufgezeichneten Gottesdienst später anzuschauen.

Regeln für den Umgang miteinander

Hin und wieder findet nach dem Gottesdienst auch ein digitales Kirchencafé statt. Die Teilnehmenden haben sich eigene Regeln gegeben, wie sie im Internet miteinander umgehen wollen. Wer sich im Ton vergreift, wird sofort darauf hingewiesen. Mittlerweile werden auch Konzerte mit Musikern aus der Region gestreamt. Und weitere Projekte sind in Planung: Für die Weihnachtszeit wird ein digitaler Adventskalender vorbereitet und mit Jugendlichen ein Format Gaming und Kirche entwickelt.

 

Hier erfahren Sie mehr über Kirche.plus

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