Bei Silicon Vilstal ist die Augenhöhe zwischen Stadt und Land wichtig. Die Kreativraum-Projekte reichen über die lokalen Formate im Vilstal hinaus, bis hin zum eigenen globalen Online-Event „Rural Design Days“, das auch die führende Design-Website Dezeen listet. Hier zu sehen: Aktion bei THE ARTS+/Frankfurter Buchmesse. © Silicon Vilstal
Sich miteinander vernetzen, Ideen austauschen und die Chancen digitaler Neuerungen nutzen, um so zusammen gesellschaftliche Innovation voranzubringen: Darum geht’s bei der gemeinnützigen Innovationsplattform Silicon Vilstal. Ganz selbstverständlich begegnen sich bei deren Projekten Leute vom Land und aus der Stadt. Offenheit wird dabei großgeschrieben. „Wir freuen uns, wenn sich jemand traut, im ländlichen Raum zu gründen oder Initiative zu ergreifen“, so heißt es bei der Initiative, ein breites gesellschaftliches Netzwerk aus Institutionen, Kommunen, Unternehmen und Einzelpersonen ermöglicht die Aktivitäten. Kürzlich wurde Silicon Vilstal als erste deutsche Organisation überhaupt als Social Economy Cluster bei der EU-Kommission anerkannt.
Für Gründer und Geschäftsführer Helmut Ramsauer ist dieser Erfolg ein Antrieb, die Idee aus dem Vilstal in alle Welt zu tragen. Auch in Corona-Zeiten, wie Ramsauer erzählt: „Die Pandemie hat ganz viel Kreativität freigesetzt, die wir in neue digitale Kanäle gelenkt haben. Etwa die eigentlich physischen Rural Design Days, die wir beim ersten Lockdown quasi über Nacht in den Online-Bereich verlegt haben. Das war so unerwartet erfolgreich und hat so viele neue Interessierte aus aller Welt angelockt, dass wir das jetzt per se digital machen. Das war für uns, um es mal Corona-adäquat auszudrücken, ein echter Booster.“
Hier stellen wir drei Formate vor, die Silicon Vilstal entwickelt hat.
Bereits zum sechsten Mal fand 2021 das alljährliche Hauptevent der Initiative statt – mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus nah und fern und unter dem Motto „Gesellschaftsspiel“. Auf der Agenda: Aktivitäten wie das Reallabor-Projekt Ortsmitte 2.0, eine Fachkonferenz zu Social Economy im ländlichen Raum, aber auch ein Kabarettabend und ein Schafkopfturnier. Das Publikum: stets vielfältig. „Was das Erlebnisfestival so reizvoll macht, ist die spezielle Mischung aus größeren und kleineren Firmen, Startups, Kreativen, Menschen aus der Region und auch von weiter her“, sagt Helmut Ramsauer. „Das hat zum Beispiel auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ GmbH gesehen und uns als ermutigendes Lernbeispiel entdeckt. Denn wir agieren zwar authentisch-ländlich, aber immer auf Augenhöhe zum urbanen Kontext. Uns käme nie in den Sinn, den ländlichen Raum wie ein Entwicklungshilfegebiet zu betrachten. Das findet auch international Beachtung. Eine Besucherin aus Vietnam hat einen regelrechten Kulturschock bekommen, als sie hier erlebt hat, dass man nicht zwingend in die Stadt ziehen muss, sondern auch auf dem Land Innovationen schaffen kann.“
„Wir fördern gesellschaftliche Innovationen und machen digitale Chancen ländlicher Regionen greifbar. Dabei stehen statt der Technik die Anwendung und Kreativität im Vordergrund.“
Helmut Ramsauer
Wie bringt man mehr Kinder und Jugendliche dazu, nach dem Abitur etwas Naturwissenschaftliches zu studieren? Indem man sie nicht dazu drängt, lautet hier die Devise, sondern sie selbst entdecken und ausprobieren lässt. Das Interesse kommt dann oft von allein. Ramsauer ist von dem „Hands-on“-Ansatz überzeugt: „Wir bieten Edutainment auf hohem Niveau. Praktisch, haptisch, anwendungsorientiert. Gerade unsere jüngeren Gäste wissen das zu schätzen, aber auch ältere Menschen, die beim Kennenlernen digitaler Möglichkeiten nicht so sehr über die Technik, aber über den Nutzen zu begeistern sind. Wenn man per App seine Brezeln aus der benachbarten Kommune bestellen kann, gibt das einen schönen Aha-Effekt. Oder die Kinder in der Ideenwerkstatt werden beim Schmuckbasteln kreativ und entdecken dann ganz nebenbei, dass die Trägerelemente für die Ketten aus dem 3-D-Drucker kommen.“ Unternehmen in der Region, die technisch interessierten Nachwuchs suchen, schätzen diese Aktivitäten und arbeiten eng mit Silicon Vilstal zusammen.
Auch wenn im TV der Eindruck entstehen könnte – Landwirte (und auch Landwirtinnen) sind nicht immer auf Suche nach amourösen Partnerschaften. Viele von ihnen sind auch offen für neue Kooperationen und Ideen, um ihre wirtschaftlichen Aktivitäten auszubauen: Im Rahmen des branchenunabhängigen Coaching- und Coworking-Programms „Bauer sucht Startup“ stellen sie Gründerinnen und Gründern zeitlich begrenzt kostenlos Räume zum Leben und Arbeiten zur Verfügung, damit die dort in neuer Umgebung kreativ werden, konzipieren, designen oder entwickeln. Auf Wunsch organisiert Silicon Vilstal auch Reality Checks und Pilotprojekte. Bisher ging es zum Beispiel um eine Challenge zu ländlicher Mobilität, um mobile Essensbestellung und den digitalen Landhandel. Das Wichtigste dabei: dass beide Seiten voneinander lernen, Startup und Vilstal.
Gründer Helmut Ramsauer ist auf dem Land aufgewachsen, seither aber auch im urbanen Raum und international viel herumgekommen. Angesichts des Startup-Hypes in den Städten dachte er sich: Das können wir doch auch. So wurde 2016 Sillicon Vilstal geboren. Geografisch ist das Vilstal die eher ländlich geprägte Region rund um die Flüsse Große Vils und Kleine Vils südlich der Stadt Landshut. Mehr erfahren Sie im Video über die Initiative und auf deren Online-Portal.
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