Jeanette und Hermann Spanier setzen auf Digitalisierung im Handwerk. Luftaufnahmen per Drohne erleichtern nicht nur im Gerüstbau viele Arbeiten. © Moselcopter
„Papa, du kannst doch fliegen.“ Mit diesem Satz gab Jeanette Spanier den Anstoß. Und aus einem Hobby – Hermann Spanier ist begeisterter Modellflugpilot – wurde im Mai 2017 das Startup Moselcopter. Es war für Vater und Tochter neben ihrem Gerüstbauunternehmen damals die zweite gemeinsame Firma in Rheinland-Pfalz. Mit einem Copter, einer Drohne, die mit einer Kamera ausgerüstet ist, überfliegen sie Gebäude, Dächer und Landschaften, vermessen sie genau, machen Fotos und drehen Videos. Danach erstellt Hermann Spanier mit einer speziellen Software ein dreidimensionales Modell. Oder einen Zwilling, wie er es nennt. „Das ist ein bisschen so wie mit Legosteinen spielen – nur für Große. Und das unterscheidet Moselcopter von vielen anderen Anbietern. Ich habe mich da eingefuchst und mir das nötige Wissen angeeignet. Inzwischen bilde ich sogar in dem Bereich aus“, erzählt Hermann Spanier.
Ob Bauherr oder Architektin, Landschaftsplaner, Energieberaterin oder Handwerker: Sie alle können die Modelle für ihre Planungen nutzen und müssen nicht einmal vor Ort gewesen sein. Virtuell lässt sich eine neue Brücke über die Mosel bauen, ein Hochhaus einrüsten oder in einem Tal eine Schutzwand errichten, die Ortschaften und die dort lebenden Menschen vor Überschwemmungen schützen soll. Und wenn es in einem Gebäude gebrannt hat, fotografiert Hermann Spanier nicht nur die Schäden aus luftiger Höhe, sondern rekonstruiert am Computer, wie es zuvor ausgesehen hat. „Das ist so real, dass ein Sachverständiger nicht mehr auf den ausgebrannten Dachstuhl klettern muss, um ein Gutachten zu erstellen. Dafür ist die Technik super“, sagt Hermann Spanier. Mit den Flügen und den Luftaufnahmen kann er auch die notwendigen Daten gewinnen, um zu berechnen, wie viel Saatgut auf einem Acker notwendig ist oder wie viel Dünger in einem Weinberg.
„Wir haben uns beide sehr früh mit der Digitalisierung beschäftigt. Sie ist die Revolution im Handwerk. Damit geht vieles leichter, einfacher und schneller. Aber man muss das auch wollen, gerade im ländlichen Raum.“
Hermann Spanier
Doch wie ist die Idee entstanden, Moselcopter zu gründen? Das war vor sechs Jahren. Damals bekam das Gerüstbauunternehmen, das Hermann Spanier 1992 in Longuich gegründet hatte, den Auftrag, ein historisches Gebäude einzurüsten. Doch es gab weder Pläne noch Unterlagen davon. Und nicht jeder Winkel ließ sich genau ausmessen. Deshalb war es schwierig, das Gerüst zu planen. Jeanette Spanier hatte schließlich die zündende Idee. Ihr Vater kaufte sich eine Drohne mit einer Kamera, machte Fotos damit und maß das Gebäude exakt aus. Immer häufiger setzte er den Copter nun auch auf anderen Baustellen ein. Die Kunden waren begeistert. Und aus einer Idee wurde so ein eigenes Unternehmen: das Startup Moselcopter. „Meine Tochter ist sehr innovativ und prescht gern nach vorn. Und ich bin immer offen für Neues, denn nur so kommt man voran. Wir sind beide auf einer Wellenlänge und das ist das Schöne in einem Familienunternehmen“, sagt Hermann Spanier.
Jeanette Spanier war bereits als Kind kein Gerüst und kein Baum zu hoch. Statt zu spielen, wie ihre beiden Schwestern, fuhr sie lieber mit dem Vater auf die Baustelle. Ihr Traum: im Gerüstbau als Meisterin zu arbeiten. Mit 23 Jahren hatte sie dieses Ziel erreicht. Heute ist sie eine der wenigen Gerüstbaumeisterinnen in Deutschland. Vor drei Jahren übernahm sie zudem die Geschäftsführung des Gerüstbauunternehmens von ihrem Vater – wo sie auch zeigen möchte, dass es keine reinen „Männerberufe“ gibt. Hermann Spanier kümmert sich seitdem ausschließlich um Moselcopter. Und Jeanette Spanier hat inzwischen noch ein anderes Startup gegründet, Scaffeye, das eine Lösung zur digitalen Verwaltung von Gerüsten entwickelt hat: Per App kann ein Baugerüst so übergeben oder gesperrt werden, wenn Teile fehlen oder es Mängel gibt. Dafür hat die Unternehmerin in Deutschland viele Preise bekommen.
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„Wir haben uns beide sehr früh mit der Digitalisierung beschäftigt. Sie ist die Revolution im Handwerk. Damit geht vieles leichter, einfacher und schneller. Aber man muss das auch wollen, gerade im ländlichen Raum“, sagt Hermann Spanier. Viele junge Leute sind weggezogen, um zu studieren. Deshalb fehlt vielen Handwerksbetrieben der Nachwuchs. „Handwerk ist ja nichts, mein Kind soll es einmal besser haben“ – das hat Hermann Spanier oft gehört. Durch die Digitalisierung sieht er nun die Chance, das Handwerk wieder attraktiver zu machen. Auch für junge Menschen, die Abitur gemacht oder studiert haben. „Wir brauchen solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. An diesem Scheidepunkt sind wir gerade. Das Verständnis für die Technik und fürs Handwerk müssen zusammengebracht werden.“
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