Mit digitaler Technik ausgestattete Landmaschinen optimieren Anbau und Ernte © DBV
Weite Felder, grüne Weiden, grasende Kühe und ein vollbehangener Apfelbaum: Im Bilderbuch sieht der Bauernhof noch immer aus wie vor vielen Jahrzehnten. In der Realität hat sich die Landwirtschaft wie jeder andere Wirtschaftszweig im Zuge technologischer Durchbrüche und Digitalisierung rasant weiterentwickelt. Modernste Technik sorgt in großen wie in kleinen, in Bio- wie in herkömmlichen Betrieben dafür, dass der Weg von der Saat bis auf den Teller effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger vonstattengeht.
„Weit gefehlt, wer Landwirtschaft heute noch allein mit Trecker und Gummistiefeln verbindet. Tablet, Roboter und satellitengestützte Navigationssysteme machen die Branche nicht nur ressourcenschonender, sondern auch zu einem attraktiven Berufsfeld“, betonte Anfang das Jahres Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, als er vier Start-ups, die landwirtschaftliche Prozesse mithilfe von Technologien verbessern, Förderbescheide in Höhe von insgesamt 2,9 Millionen Euro übergab.
Tatsächlich setzen laut Deutschem Bauernverband (DBV) bereits acht von zehn Landwirten digitale Technologien in ihren Betrieben ein. Eine gemeinsam mit dem Digitalverband Bitkom und der Landwirtschaftlichen Rentenbank durchgeführte Studie des DBV zeigte 2020, dass 82 Prozent bereits Smart-Farming-Technologien nutzen und weitere 10 Prozent das zumindest planen oder diskutieren.
Besonders weit verbreitet sind GPS-gesteuerte Landmaschinen, die laut der Studie von 45 Prozent der Landwirte genutzt werden. Unter den Betrieben, die Nutztiere halten, sind intelligente Fütterungssysteme mit 46 Prozent bei fast jedem Zweiten im Einsatz. 40 Prozent aller Landwirte arbeiten mit Agrar-Apps für das Smartphone oder Tablet, um Dünge- und Pflanzenschutzmittel präziser einzusetzen.
Sensorik, Robotik, Automatisierung, künstliche Intelligenz und Big Data sind allesamt Bereiche, die auch die Agrarwirtschaft in zunehmendem Maße erobern. Drohnen und Satelliten kommen zum Einsatz, um Daten zur Bodenbeschaffenheit, zum Zustand der Pflanzen und zum Wetter genau zu analysieren. Das ermöglicht bessere Vorhersagen, Entscheidungen genau zum richtigen Zeitpunkt und frühzeitiges Erkennen von Unregelmäßigkeiten auf dem Feld. Automatisierte Traktoren und Erntemaschinen, ausgestattet mit Sensoren, erleichtern dem Landwirt die Arbeit, sparen langfristig Kosten und sammeln nebenbei immer mehr Daten zur Beschaffenheit der Pflanzen und des Felds. In der Viehzucht ermöglichen die digitale Erfassung und Auswertung von Daten Aufschlüsse über den Gesundheits- und Ernährungszustand der Tiere und die Bedingungen im Stall. Dadurch können die Tiere gezielter versorgt und das Tierwohl gesteigert werden.
All diese Einsatzmöglichkeiten erfordern natürlich gute, stabile Verbindungen. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des DBV, des VDMA Fachverbandes Landtechnik und der Landwirtschaftlichen Rentenbank im März 2021 zeigte allerdings, dass über zwei Drittel der Landwirte noch immer unzufrieden mit ihrer Internetversorgung sind. Obwohl sich die Anbindung in den vergangenen fünf Jahren verbessert hat, bleibt dieser Wert unverändert hoch – denn auch die Einsatzmöglichkeiten in der Landwirtschaft steigen, was zu höheren Anforderungen auf Seiten der Landwirte führt. 67 Prozent der befragten landwirtschaftlichen Betriebe gaben an, Einschränkungen bei der Nutzung ihres Internets zu haben oder sich einen besseren Zugang zu wünschen.
„Der Ausbau einer flächendeckenden digitalen Infrastruktur muss deutlich schneller vorangehen. Wer mehr Umwelt-, Klimaschutz und Biodiversität von unseren Bauern einfordert, darf die Wege für digitale Fortschritte in der Landwirtschaft nicht vernachlässigen“, sagte dazu der Generalsekretär des DBV, Bernhard Krüsken, und der Verband unterstrich in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einem Masterplan zur flächendeckenden Versorgung mit hochleistungsfähigem Internet auf Basis von Glasfaser- und 5G-Mobilfunktechnik.
Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) bestätigt, dass eine flächendeckende, leistungsstarke digitale Infrastruktur im ländlichen Raum Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Anwendung digitaler Techniken in der Landwirtschaft sei. Daher setze sich das BMEL dafür ein, dass die Belange der Landwirtschaft und des ländlichen Raums beim Ausbau der digitalen Infrastruktur berücksichtigt würden.
Dabei sieht die Regierung den größten Nutzen der Digitalisierung der Landwirtschaft nicht nur in der gesteigerten Produktivität, sondern auch in einer potenziellen Steigerung der Nachhaltigkeit. Denn auch wenn digitale Technologien einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Ernten und somit zur Lebensmittelversorgung der Bevölkerung leisten, so können sie darüber hinaus den Anbau auch nachhaltiger machen.
Denn die sogenannte Präzisionslandwirtschaft basiert auf dem Prinzip, dass digitale Daten Aufschluss darüber geben, wann, wo und wieviel tatsächlich gedüngt oder mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden muss. Dadurch kann der Einsatz von Chemikalien auf den Feldern insgesamt reduziert werden.
„High-Tech in der Landwirtschaft hilft dabei, noch genauer zu wissen, was die Pflanzen an Nährstoffen und Pflanzenbehandlungsmitteln benötigen, und was die Tiere für eine bestmögliche Tiergesundheit und zu ihrem Wohlbefinden brauchen. In der Digitalisierung der Landwirtschaft liegen damit vor allem große Chancen, die kritische öffentliche Diskussion über moderne und nachhaltige Landwirtschaft versachlichen zu helfen“, lautet das Fazit des DBV. „Die Nutzenpotentiale der Digitalisierung können auch für die gesamte Lebensmittelkette bis hin zum Verbraucher von Vorteil sein, wenn dadurch der Informations- und Wissenstand über die Entstehung von Lebensmitteln gefördert, Transparenz geschaffen und Vertrauen gefördert wird.“