Im Alter zu Hause bleiben: Das erforscht DeinHaus 4.0 - Digitales Bürgernetz

DeinHaus 4.0: Im Alter zu Hause – und wie die Digitalisierung dabei hilft

#Gemeinschaft 14. Juli 2022

Alexanda Glufke (rechts) ist Projektkoordinatorin von DeinHaus 4.0. © Screenshot/ Deutschland – Land der Ideen

In ein Pflegeheim umziehen und die letzten Lebensjahre dort verbringen – das können sich viele ältere Menschen nicht vorstellen. Sie möchten in den eigenen vier Wänden und in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Um ihren Alltag zu meistern, brauchen sie allerdings oft Hilfe. Wie digitale Lösungen dabei unterstützen können, untersucht das Forschungsprojekt „DeinHaus 4.0“ der Technischen Hochschule Deggendorf in Niederbayern. „Wir schauen uns an: Welche neuen Technologien und Erfindungen gibt es bereits für hilfe- und pflegebedürftige sowie ältere Menschen und wie können sie sinnvoll eingesetzt werden? Das Ziel ist, den Menschen ein selbstbestimmtes, autonomes und sicheres Leben zuhause zu ermöglichen und den Umzug in eine Pflegeeinrichtung so lange wie möglich hinauszuzögern“, sagt Projektkoordinatorin Alexandra Glufke. Ihre Kolleginnen und Kollegen im Forschungsteam kommen aus verschiedenen Fachbereichen: den Pflegewissenschaften, der Informatik, Technik, Psychologie oder den Sozialwissenschaften. 

„Die digitalen Hilfsmittel können leicht eingebaut und in den Alltag integriert werden. Neun Monate lang können die Haushalte diese testen. Bisher sind die Seniorinnen und Senioren wirklich begeistert davon.“

Berührungsängste abbauen

Gestartet ist das Forschungsprojekt im Mai 2018, die Laufzeit reicht bis April 2024. Gefördert wird es vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Zunächst sind drei Mustereinrichtungen – ein Haus, eine Wohnung und ein Pflegezimmer – mit digitalen Assistenzsystemen und Sensoren im ländlich geprägten Niederbayern ausgestattet worden. Dazu gehören der klassische Notrufknopf, ein Medikamentenspender oder eine Abschaltautomatik für den Herd. Das Musterhaus in Osterhofen und die Musterwohnung in Deggendorf sind für die Öffentlichkeit zugänglich. „Wir bieten Führungen an und stellen die Technik vor. So wollen wir über die Vorteile informieren und Berührungsängste bei den Menschen abbauen. Die Besucherinnen und Besucher können die digitalen Lösungen auch selbst ausprobieren“, erzählt Alexandra Glufke. 

Auf einem Tisch steht eine weiße Box mit Leuchtpunkten.
Das ganze Zuhause wird smart: Neben der DeinHaus-4.0-App bekamen die Probanden auch das Technikset mit digitalen Hilfsmitteln. Ambient Assisted Living, kurz AAL, lautet der Fachbegriff. © DeinHaus 4.0

75 Haushalte testen digitale Lösungen

Außerdem wird derzeit eine Studie in 75 Haushalten durchgeführt. Kriterien bei der Auswahl waren, dass die Menschen entweder allein oder mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner im Raum Niederbayern leben, mindestens 65 Jahre alt sind und bereits einen leichten Hilfs- und Pflegebedarf haben. Jeder Haushalt bekam ein Tablet, auf dem die DeinHaus-4.0-App installiert ist. „Außerdem haben wir die Haushalte mit unserem Technikset ausgestattet, das wir als sinnvoll erachten. Die digitalen Hilfsmittel können leicht eingebaut und in den Alltag integriert werden. Neun Monate lang können die Haushalte diese testen. Bisher sind die Seniorinnen und Senioren wirklich begeistert davon“, sagt die Projektkoordinatorin.

Eine runde weiße Dose aus Plastik mit digitalem Display steht auf einem Tisch. Darauf liegen Tabletten.
Eines der digitalen Tools ist der Medikamentenspender. © DeinHaus 4.0

Erlebniszentrum digitale Gesundheit aufbauen

Zu dem Set gehören ein smartes Blutdruckmessgerät, eine Smart Watch, die extra für die Studie programmiert wurde und eine smarte Körperwaage, die nicht nur das aktuelle Gewicht sowie die Muskel- und Fettmasse anzeigt, sondern auch die Pulswellengeschwindigkeit misst. Damit können Veränderungen der Blutgefäße erkannt und schweren Krankheiten kann vorgebeugt werden. Verschiedene Sensoren zeigen in den Wohnungen an, ob Fenster und Türen geschlossen sind. Auch die Luftqualität wird gemessen. Besonders gut kommt eine Schlafmatte an, die unter die Matratze gelegt wird. Sensoren zeichnen die Schlafphasen auf, aber auch den Puls und Atemaussetzer in der Nacht. Anschließend werden die Daten ausgewertet. „Bei einigen Probandinnen und Probanden wurden Schlafstörungen festgestellt. Sie haben daraufhin ihren Arzt aufgesucht, der sie entsprechend behandelt hat und somit ihren Gesundheitszustand verbessern konnte“, sagt Alexandra Glufke. Im Herbst wird die Studie abgeschlossen und danach ein Erlebniszentrum digitale Gesundheit an der Technischen Hochschule Deggendorf aufgebaut. Dort sollen Schulungen angeboten werden, wie digitale Helfer im Alltag genutzt werden können. Denn in der ländlich geprägten Region leben immer mehr ältere Menschen.  

Vier Personen stehen vor einem bunten Hintergrund. Ein Mann hält eine Urkunde.
Preisverleihung in Berlin: Projektleiter Prof. Dr. Christian Rester (2.v.r.) zusammen mit Thorsten Dirks, CEO Deutsche Glasfaser, Staatssekretärin Susanne Henckel und Ute Weiland, Geschäftsführerin Deutschland – Land der Ideen © Bernd Brundert/ Deutschland – Land der Ideen

Wichtige Auszeichnung für die Region

Ein anderes wichtiges Thema in dem Forschungsprojekt ist die Prävention. Viele Stürze und Unfälle passieren in der häuslichen Umgebung. „Ein Grund dafür ist, dass sich ältere Menschen häufig zu wenig bewegen. Wir bieten ihnen ein Schulungspaket mit einfachen Übungen an, wie sie sich körperlich fitter halten können“, erzählt Alexandra Glufke. Auch das Thema Einsamkeit spielt eine Rolle. Denn Angehörige sind oft weggezogen. „Wir zeigen den älteren Menschen Möglichkeiten auf, wie sie sich vernetzen oder einen digitalen Seniorenclub gründen können“, so Glufke. DeinHaus 4.0 gehört zu den zehn Gewinnern im Wettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen“. „Für unsere Region ist das eine wichtige Auszeichnung und für die Hochschule eine Bestätigung für ihren Innovationsgeist. Wir machen das Projekt, um der Bevölkerung einen Mehrwert zu bieten. Unsere Arbeit erfährt mit dem Preis auch eine nationale Anerkennung“, freut sich die Projektkoordinatorin.

Erfahren Sie mehr über den ausgezeichneten digitalen Ort im Land der Ideen: Digitalisierung im Alter – länger zu Hause leben

ÜBER DEN WETTBEWERB

Digitale Projekte auf dem Land sichtbar machen und die Köpfe dahinter untereinander vernetzen – das sind die gemeinsamen Ziele von Deutsche Glasfaser und der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“. Daher wurde in diesem Jahr erstmalig der Innovationswettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen” ausgerufen. Aus 200 Einreichungen wurden im Juni die Gewinnerprojekte geehrt. Das Forschungsprojekt DeinHaus 4.0 der Technischen Hochschule Deggendorf ist eines von zehn Projekten, die dabei ausgezeichnet wurden. Nach und nach werden wir hier alle Preisträger vorstellen. Mehr Informationen zum Wettbewerb – etwa zur Ausschreibung, zur hochkarätigen Jury und den Preisträgern – finden Sie hier.

Artikel Teilen