Die Finalisten im Wettbewerb Digitale Orte 2024 - Gesundheit - Digitales Bürgernetz

Digitale Orte 2024: Das sind die drei Gesundheitsprojekte der Shortlist

#Gesundheit 23. September 2024

Die Rettungskette 5G vernetzt innovative Lösungen, um Ersthelfer:innen, Rettungsdienst, Leitstelle und Klinik optimal miteinander zu vernetzen. © Zentrum für Telemedizin e.V.

Wenn wir über Digitalisierung sprechen, geht es häufig darum, Abläufe effizienter zu machen. Das ist auch im Gesundheitsbereich so – allerdings verknüpft mit einem noch wichtigeren Anliegen: die Behandlung von Patientinnen und Patienten zu verbessern.

Wie die Digitalisierung zum Beispiel in der Rettungskette hilft, zeigen in diesem Jahr gleich zwei Gesundheitsprojekte, die es in die Endrunde des Wettbewerbs Digitale Orte geschafft haben. Die App corhelper und das ganzheitliche Konzept „Rettungskette 5G“ wollen Ersthelferinnen und Ersthelfer in regionalen Netzwerken alarmieren und beim Einsatz begleiten. Der Hintergrund: In Deutschland sollen die Rettungswagen zwar je nach den Bestimmungen im jeweiligen Bundesland innerhalb von 10 bis 15 Minuten am Einsatzort sein. Ob das aber funktioniert, hängt stark von der Region ab. So konnte eine Datenauswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln 2021 zeigen, dass vor allem in ländlichen Gebieten mit deutlich längeren Fahrtzeiten zu rechnen ist. Doch selbst wenn der Rettungsdienst schnell kommt, profitieren Betroffene zum Beispiel bei Herzstillstand deutlich von kompetenten Ersthelferinnen und Ersthelfern, die sofort zur Stelle sind.

Rettungskette 5G – vom Ersthelferalarm bis zum Ultraschall-Roboter

Um schnellere Einsätze im Notfall geht es einem Vorhaben im Ostalbkreis: der Rettungskette 5G. Das Projekt kombiniert eine Ersthelfer-App mit Augmented Reality, Künstlicher Intelligenz und Ultraschall-Robotik, um die Notfallversorgung in der Region effizienter zu machen und die Kommunikation zwischen Ersthelfer:innen, Rettungsdiensten, Kliniken und Leitstellen zu verbessern. Die Rettungskette 5G will damit technische Lösungen, die es bereits gibt, zu einem ganzheitlichen Konzept verknüpfen und die zentralen Notaufnahmen entlasten.

„Das Projekt soll die technischen Möglichkeiten ausloten, um den Rettungsdienst noch besser zu machen“, sagt Landrat Dr. Joachim Bläse vom Landratsamt Ostalbkreis, das die Leitung übernommen hat. „Die Digitalisierung schafft einen enorm wichtigen Mehrwert, sodass im Notfall die Rettung durch ein intensiveres Zusammenspiel von Rettungsdienst und Notaufnahme im Klinikum noch schneller und gezielter erfolgen kann. Bereits jetzt konnten wir durch das Projekt den Mobilfunkausbau vorantreiben. Zwei neue 5G-Mobilfunkmasten wurden im Projektgebiet errichtet und verbessern die Mobilfunkversorgung im Ostalbkreis erheblich. Im Ergebnis ist mit einer Verbesserung der Behandlungsqualität sowie einer Reduktion der Behandlungszeiten zu rechnen. Unser Engagement in diesem Projekt ist von großer Bedeutung, da wir durch die Digitalisierung einen entscheidenden Mehrwert schaffen und die Lebensrettung in kritischen Situationen optimieren können.“

Unterstützt wird das Landratsamt Ostalbkreis durch das Innovationsmanagement des Zentrums für Telemedizin ZTM. Partner sind u. a. die Hochschule Aalen, die Kliniken Ostalb, der DRK-Kreisverband Aalen sowie weitere Unternehmen, die die technischen Geräte bzw. die mobile Infrastruktur zur Verfügung stellen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Projekt im Rahmen des 5G-Innovationsprogramms.

Das Projekt erforscht den Einsatz von 5G-Technologien in der gesamten Rettungskette und erprobt sie in der Notfallversorgung. Inzwischen sind alle Komponenten der Rettungskette erfolgreich in Betrieb und werden in realen Szenarien angewendet.

corhelper – weil jede Minute zählt

Die App corhelper konzentriert sich auf die wichtigen Minuten, kurz nachdem ein Herzstillstand gemeldet wurde. Sie alarmiert Ersthelferinnen und Ersthelfer im näheren Umkreis, zeigt den Weg zum Einsatzort und assistiert bei der Reanimation. So lässt sich die Zeit überbrücken, bis der Rettungsdienst eintrifft. Die App zeigt auch an, wo sich die nächsten Defibrillatoren befinden.

Links ist ein Navigationsplan zu sehen, rechts das Gesicht einer jungen Frau.
Herzinfarkt-Alarm: corhelper bringt Ersthelferinnen und Ersthelfer schnell zur Einsatzstelle. © corhelper

„Mit Hilfe der corhelper App konnten bereits zahlreiche Patienten gerettet werden. Durch die schnelle Reanimation wird das therapiefreie Intervall, die Zeit zwischen dem Ausfall der Sauerstoffversorgung des Gehirns und der Wiederbelebung, verkürzt und somit schnelle Hilfe direkt am Einsatzort gewährleistet“, sagt Bernd Valentin, Geschäftsführer der umlaut telehealthcare GmbH, die die App entwickelt hat. „Das Ziel meines Teams und mir ist es, mit digitalen Lösungen eine sichere, effiziente und zukunftsfähige Rettungskette zu gestalten. Die corhelper App leistet hier einen wichtigen Beitrag, um Leben zu retten.“

Damit das System funktioniert, müssen Städte, Landkreise, Rettungsdienste und Hilfsorganisationen die App in ihrer Region einsetzen – und Freiwillige suchen, die sich registrieren und ihre Qualifikation erfassen lassen. Die App ermittelt dann via Triangulation bzw. WLAN in größeren Abständen die ungefähren Standorte der einzelnen Personen und leitet sie an das corhelper-Backend weiter. Gibt es einen Einsatz, bei der die oder der Freiwillige helfen könnte, alarmiert die App automatisch im näheren Umfeld.

Nach einem solchen Notfalleinsatz kämpfen Helferinnen und Helfer manchmal mit psychischen Folgen. Rettungsdienst-Teams besprechen solche Situationen regelmäßig – und diesen Service will corhelper auch den Freiwilligen bieten: Nach dem Einsatz wird ein Fragebogen versendet und angefragt, ob Gesprächsbedarf besteht. Die App baut damit Hürden ab, nach belastenden Situationen Hilfe zu suchen.

Teledoc – Rechtssicherheit für den digitalen Arztbesuch

Weil es auf dem Land immer weniger Hausärztinnen und -ärzte gibt, ist die medizinische Versorgung in Alten- und Pflegeheimen oft nur noch eingeschränkt möglich. Der Kreis Euskirchen geht deswegen neue Wege: Ärztinnen und Ärzte können dort per Telemedizin Krankenbesuche aus der Ferne durchführen, unterstützt von speziell geschultem Altenheim-Personal. Dafür haben sich die Verantwortlichen im Kreis Euskirchen mit der AOK Rheinland, der Docs in Clouds TeleCare GmbH und dem Zweckverband Region Aachen zusammengesetzt, ein Schulungskonzept entwickelt – und einen speziellen Selektiv-Vertrag zwischen Heimen und Krankenkassen verhandelt: Anfang 2023 wurden die Teledoc-Stationen ausgeliefert. Sie sind mittlerweile in elf 11 Heimen im Einsatz.

„Die Telemedizin auf Basis der TeleDoc-Station von Docs in Clouds schließt eine Lücke bei der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Aufgrund fehlender Hausarzt-Kapazitäten können teilweise neue Bewohnerinnen und Bewohner nicht in Alten- und Pflegeheimen aufgenommen werden. Hier hilft die TeleDoc-Station, dass auch weiter entfernte Ärzte eine engmaschige Versorgung bieten können. Darüber hinaus ist die Televisite als Ergänzung zum ärztlichen Hausbesuch gedacht“, erläutert Landrat Markus Ramers. „Das Pflegepersonal kann bereits vor der Televisite des Arztes Messungen wie Blutzuckerspiegel, Sauerstoffsättigung des Blutes oder Blutdruck durchführen sowie ein EKG schreiben und das in der elektronischen Akte der Bewohnerinnen und Bewohner dokumentieren. Das spart Zeit bei der Televisite, der Arzt kann sich voll auf seine Patienten konzentrieren.“

Sechs Menschen sitzen zusammen an einem Tisch und schauen in die Kamera.
Die Teledoc-Kooperationspartner bei einem Interview mit der WDR Lokalzeit. V. l. n. r.: Svenja Smolarek, WDR; Ulla Thönnissen, Zweckverband Region Aachen, Michael Franssen, Kreis Euskirchen, Arno Brauckmann, Stiftung Evangelisches Alten- und Pflegeheim Gemünd; Prof. Dr. Michael Czaplek, Docs in Clouds; Helmut Schneider, AOK Rheinland/Hamburg. © WDR/Smolarek

„Das Projekt ‚Telemedizin in der Altenpflege‘ verknüpft die Möglichkeiten der Digitalisierung mit dem Ziel einer qualitativ hochwertigen ärztlichen Versorgung von Pflegeheimbewohnerinnen und –bewohnern“, ergänzt Matthias Mohrmann, stellvertretendes Vorstandmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. „Unser Fokus liegt dabei auf einer optimalen Versorgung der pflegebedürftigen Menschen und einer Vernetzung der beteiligten Einrichtungen und Ärzteschaft.“

Das der Teledoc mittlerweile gut in den Alltag der Heime integriert ist, liegt auch am Vorläuferprojekt AIDA, in dem das Konzept erprobt und dessen Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen wurde. AIDA verglich zwei Jahre lang den gesundheitlichen Zustand von Altenheim-Bewohnerinnen und -Bewohnern mit und ohne telemedizinische Betreuung. Die Ergebnisse sprachen für die Teledoc-Sprechstunde, die es jetzt im Kreis Euskirchen gibt.  

Wettbewerb Digitale Orte

Mit dem Wettbewerb „Digitale Orte“ würdigen Deutsche Glasfaser und „Deutschland – Land der Ideen“ bereits zum dritten Mal digitale Projekte im ländlichen Raum. Die Bewerbungsphase für 2024 ist bereits abgeschlossen und die Jury hat jeweils drei Projekte in sechs Kategorien ausgewählt. Am 6. November 2024 werden die Gewinnerprojekte während einer Live-Veranstaltung gekürt, die auch eine bessere Vernetzung aller Kandidaten unterstützt.

Weitere Informationen über den Wettbewerb gibt es hier:

www.digitale-orte.de

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