Balderschwangs Bürgermeister Konrad Kienle vor dem Terminal „Dahuim Anmelden“ © Technologie Campus Grafenau
Erfolgsgeschichten, die für den digitalen Wandel im ländlichen Raum stehen: Darum geht es beim Innovationswettbewerb „Digitale Orte”. Die Deutsche Glasfaser (DG) und „Deutschland – Land der Ideen“ haben sich nach 2022 bereits zum zweiten Mal auf die Suche nach Initiativen, Projekten und Kommunen gemacht, die den digitalen Wandel im ländlichen Raum erfolgreich gestalten und vorantreiben. Insgesamt 15 Projekte haben es in die Endrunde geschafft. Hier präsentieren wir die Finalist:innen aus der Kategorie „Smarte Kommune“.
Balderschwang steht für Naturvielfalt. Das kleine bayerische Dorf im Allgäu ist von Bergwäldern und Alpweiden umgeben. Kein Wunder, dass Balderschwang Anziehungspunkt für Tourist:innen ist. Unterkunft finden sie in Ferienwohnungen, Pensionen und Hotels. Dort sind auch zahlreiche Saisonarbeitskräfte im Einsatz. In der Regel bleiben diese mehr als drei Monate. Für Personen aus dem Ausland heißt das: Sie müssen im Bürgerbüro ihren Wohnsitz anmelden und im Landratsamt ihren Aufenthalt anzeigen. Ein Prozedere, das häufig umständlich, erklärungsbedürftig und zeitraubend ist.
Eine Lösung bietet die mehrsprachige Software „Dahuim Anmelden“. Der Technologie Campus Grafenau der Technischen Hochschule Deggendorf hat die Anwendung im Rahmen des Projekts „Digitale Hörnerdörfer“ – gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie – entwickelt. Alle Beteiligten profitieren: Die Saisonkräfte können Formulare digital in ihrer Landessprache ausfüllen und müssen alle Angaben nur einmal machen. Die Mitarbeiter:innen im Bürgerbüro bzw. im Landratsamt wiederum erhalten zuverlässig alle Daten und können diese leichter in ihre Systeme übertragen. So spart „Dahuim Anmelden“ Zeit, verbessert die Zusammenarbeit und Datenqualität und reduziert den Papierverbrauch.
Die Herausforderungen, die das Team der TH Deggendorf auf dem Weg zu „Dahuim Anmelden“ gemeistert hat, sind vielfältig: „Wir mussten zunächst ein umfassendes Verständnis bekommen: Wie ist die Gesetzeslage? Welches Amt braucht welche Daten? Wie sieht es mit den technischen Möglichkeiten in den Behörden aus? Ergeben die behördlichen Ausdrücke in anderen Landessprachen überhaupt Sinn?“, so Lisa-Marie Hanninger, Projektleiterin der „Digitalen Hörnerdörfer“.
Mit dem Ergebnis sind alle zufrieden, der digitale Service wird gut angenommen und stetig weiterentwickelt. Zurzeit implementiert das Team zum Beispiel die Funktion „Dahuim Abmelden“ für den Moment, wenn Saisonkräfte die Region wieder verlassen. Vom Einzug ins Finale des Wettbewerbs „Digitale Orte“ erhofft sich Lisa-Marie-Hanninger bundesweite Aufmerksamkeit: „Dann können bald noch mehr Menschen von den Vorteilen profitieren.“
Für Bürgermeister Frank Nase ist SmartBarleben ein „Ideenwettbewerb für die Herausforderungen von morgen“. Als erste Gemeinde in Sachsen-Anhalt hat es Barleben 2020 in die zweite Staffel des Förderprogramms „Modellprojekte Smart Cities“ geschafft. Die Herausforderungen, um die es geht, heißen Landflucht, Fachkräftemangel, Chancenungleichheit, Versorgungsengpässe, fehlende oder mangelhafte Infrastruktur. „Wir möchten die Herausforderungen annehmen und schon heute die Weichen stellen für eine ‚enkeltaugliche‘ – sprich nachhaltige – Entwicklung. Wir schaffen damit die Voraussetzungen für ein gelungenes (Zusammen-)Leben aller Generationen in unserer Gemeinde“, so Frank Nase.
Wichtig ist den Akteur:innen von SmartBarleben, die Gemeinde zusammen mit allen Bürger:innen weiterzuentwickeln. So ist auch das Logo zu SmartBarleben Ergebnis eines Wettbewerbs. Die hohe Beteiligung steht für Frank Nase für die große Begeisterung, mit der die Menschen den Weg zum smarten Dorf mitgehen. „Das Logo wird uns lange begleiten. Es ist ein Logo der Bürgerinnen und Bürger.“
Mitnehmen möchte die Gemeinde ihre Bürger:innen auch über die digitale Beteiligungsplattform „Mitwirk-O-Mat“, die für regelmäßige Informationen und Transparenz sorgt.
Ein zentrales Projekt von SmartBarleben ist zudem die Digitalwerkstatt Villa147. Sie ist ein Begegnungsort für die Bürger:innen der Gemeinde, ein Ausstellungs- und Experimentierraum für neue Technologien und nicht zuletzt eine Ideenschmiede für die Entwicklung von bürgernahen Digitalisierungslösungen. Weitere Projekte, die sich aktuell in der Implementierungsphase befinden sind der Einsatz digitaler Aktivitätstische, digitale Infopoints und der Einsatz von vialytics, einem intelligenten Straßenmanagementsystem.
Ziel aller Projekte ist es, den Wohn-, Bildungs- und Arbeitsstandort generationenübergreifend zu stärken, die Verkehrsbelastung zu reduzieren und klimafreundliche Multimobilität einzuführen, eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung zu ermöglichen und eine serviceorientierte, bürgerfreundliche Gemeindeverwaltung zu gestalten.
Eine vernetzte Welt aus smarten Geräten: Dafür steht das Internet of Things, kurz IoT. Es geht dabei aber nicht nur um Smart Watches oder intelligente Haushaltsgeräte. Immer stärker in den Fokus rücken Techniken, die es ermöglichen, IoT-Anwendungen in das Leben außerhalb der eigenen vier Wände zu integrieren.
Ein Beispiel ist das Smart-Village-Projekt SMARTinfeld in der Gemeinde Martinfeld im thüringischen Landkreis Eichsfeld. Es zeigt, wie IoT-Lösungen für eine ganze Gemeinde funktionieren und das Dorfleben nachhaltig zukunftsfähig gestalten. Im Mittelpunkt steht die LoRaWAN-Funktechnologie. Sie ermöglicht es, Daten über große Entfernungen – bis zu 15 Kilometer – bei geringem Energieverbrauch zu übertragen.
Das Projekt hat seinen Ausgangspunkt im Jahr 2017. Die Gemeinde musste damals ihre Straßenlaternen umrüsten. Gemeinsam mit dem Unternehmen Alpha-Omega Technology entwickelte man die Idee, die gesamte Straßenbeleuchtung auf LED-Leuchten umzustellen und über ein LoRaWAN-Netz intelligent zu steuern. Die Umrüstung senkte nicht nur den Energieverbrauch, Sensoren erkennen darüber hinaus defekte Leuchten und informieren die Verantwortlichen über eine App. Ein weiterer Vorteil: Bei Volksfesten und anderen besonderen Ereignissen lässt sich die Schaltzeit der Straßenleuchten abweichend von den normalen Betriebszeiten steuern.
Inzwischen ist der Modellort SMARTinfeld erfolgreich etabliert und Alpha-Omega Technology und die Gemeinde testen und optimieren kontinuierlich weitere sensorbasierte LoRaWAN-IoT-Anwendungen in den Bereichen Smart Environment (Luftqualitätsmessung, Wetter), Smart Agriculture (Bodenfeuchtemessung), aber auch Smart Building (Parkplatzsensoren).
Mit dem Wettbewerb „Digitale Orte“ verbindet Jan Bose, CEO Alpha-Omega Technology, die Möglichkeit zu zeigen, dass der technologische Fortschritt auch in ländlichen Regionen Einzug hält. „Unser Ziel ist es, dass SMARTinfeld als Vorlage für andere Smart-Village-Projekte genutzt werden kann. Die sensorbasierten Anwendungsfälle sind dabei nur ein Teil des Gesamtprojektes. In Martinfeld sind weitere digitale Lösungen im Gespräch, die ein Smart Village ausmachen. Es geht um Mobilität, Konsum und Energieversorgung.“
Mit dem Wettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen“ möchten Deutsche Glasfaser und „Deutschland – Land der Ideen“ die Sichtbarkeit von digitalen Projekten im ländlichen Raum erhöhen. Auch 2023 konnte die Jury wieder viele spannende Digitalprojekte sichten. Jeweils drei Projekte in fünf Kategorien haben es ins Finale geschafft. Am 14.11.2023 werden die Gewinner:innen in Berlin gekürt.
Informationen über den Wettbewerb gibt es hier: www.digitale-orte.de