Luftaufnahme einer Fridays-for-Future-Demonstration in Pandemiezeiten: Jugendliche wollen sich einbringen und gehört werden. Um sich zu vernetzen, setzen sie oft auf digitale Medien. © Small World Productions/Adobe Stock
Philipp ist in einer Facebook-Gruppe gegen Hass und Beleidigungen im Netz aktiv. Stella hat als Schülerin begonnen, sich in Tutzing politisch zu engagieren – jetzt mischt seit zwei Jahren im Europäischen Jugendparlament mit. Und Annika hat in Winsen an der Luhe die Gruppe von Fridays for Future mitgegründet. Das sind nur drei Beispiele von vielen: Junge Leute wollen sich einbringen, die Gesellschaft mitgestalten und verändern. „Sie sind viel zielorientierter als die Älteren und haben Lust, sich zu engagieren. Aber sie nutzen dafür viel stärker digitale Medien“, sagt Jan Holze, Vorstand der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Sie wurde im Juni 2020 gegründet, hat ihren Sitz in Neustrelitz und ist die zentrale Anlaufstelle für die etwa 30 Millionen Engagierten in Deutschland.
Jugendliche und junge Erwachsene nutzen für ihr Engagement immer häufiger das Internet, Messenger-Dienste und soziale Medien – das ist auch ein Ergebnis des Dritten Engagementberichts der Bundesregierung. Er nimmt das Thema „Zukunft Zivilgesellschaft: Junges Engagement im digitalen Zeitalter“ in den Blick. Über digitale Tools tauschen sich junge Menschen aus, sie planen darüber Aktionen gegen Massentierhaltung, sammeln per Crowdfunding Spenden für ihre Band oder organisieren Veranstaltungen online. Sie schätzen daran, dass sie freier entscheiden können, wofür sie sich engagieren. Aber auch, dass sie nicht an eine bestimmte Zeit oder einen bestimmten Ort gebunden sind. Austausch und Vernetzung sind so auch regional, bundesweit und sogar über Ländergrenzen hinweg möglich. Gerade in ländlichen Regionen eröffnet das neue Möglichkeiten, wenn es in der Kleinstadt oder dem Dorf kein analoges Angebot gibt. Ein Beispiel: Queere Jugendliche, die sich auf dem Land allein gelassen fühlen, finden im Netz Anschluss – und viele Gruppen, um sich über geschlechtliche Vielfalt auszutauschen, zu informieren und sich für mehr Toleranz und Akzeptanz in der Gesellschaft einzusetzen.
„Die bestehenden Strukturen müssen dahingehend überprüft werden, ob sie noch zur Lebenswelt junger Menschen passen. Denn die Jüngeren sind viel flexibler, mobiler und digitaler aufgestellt.“
Jan Holze
Der Dritte Engagementbericht zeigt auch: Das Internet spielt eine große Rolle, um den Einstieg in ein Ehrenamt überhaupt zu finden. Etwa ein Viertel der jungen Engagierten wurde durch das Netz motiviert, sich in der Kultur, Politik oder im Umweltschutz einzubringen. Etwas Sinnvolles tun und für die Gesellschaft etwas bewegen – das steht beim digitalen Engagement im Mittelpunkt. Bei Jugendlichen, die sich nicht digital, sondern vor Ort engagieren, zum Beispiel bei der Freiwilligen Feuerwehr, sind dagegen Spaß und Geselligkeit die wichtigsten Gründe. Für den Engagementbericht wurden 2019 gut tausend Jugendliche und junge Erwachsene in persönlichen Interviews zu ihrem Engagement befragt. Knapp zwei Drittel (64%) der Befragten gaben an, sich in den vergangenen zwölf Monaten für einen gesellschaftlichen Zweck eingesetzt zu haben. 43 Prozent von ihnen nutzten dafür teilweise oder vollständig digitale Medien.
Traditionelle Formen werden durch das digitale Engagement aber nicht verdrängt, sondern ergänzt. Vereine, Stiftungen oder Genossenschaften spielen weiterhin eine große Rolle. Um sie fit für die digitale Zukunft und attraktiver für junge Menschen zu machen, bietet die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt verschiedene Förderprogramme an – in der Stadt und auf dem Land. „Die bestehenden Strukturen müssen dahingehend überprüft werden, ob sie noch zur Lebenswelt junger Menschen passen. Denn die Jüngeren sind viel flexibler, mobiler und digitaler aufgestellt. Und sie haben die Erwartung, dass sich ihr Umfeld entsprechend mitgestaltet“, sagt Jan Holze. Durch die Corona-Pandemie ist bereits viel in Bewegung geraten. Junge Menschen brachten wichtige Erfahrungen im Umgang mit digitalen Medien und Programmen ein. „Zu Beginn der Pandemie wussten viele Vorstände in den Vereinen nicht, wie sie das Vereinsleben am Laufen halten können. Junge Leute aus dem Verein oder dem Umfeld haben sie dabei unterstützt, über Videokonferenzen miteinander in Kontakt zu bleiben oder Sport- und Sprachkurse online anzubieten“, erzählt Jan Holze. Ältere profitieren so von den Jüngeren.
Erfahren Sie mehr über die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt
Hier geht es direkt zum Dritten Engagementbericht der Bundesregierung