Alltagsunterstützende Assistenzsysteme können älteren Menschen den Alltag erleichtern. © gettyimages
Der demografische Wandel in Deutschland schreitet voran. Während die Zahl der jüngeren Menschen sinkt, steigt die Zahl der älteren. Jede fünfte Person ist heute älter als 66 Jahre. Damit nimmt auch die Zahl hilfs- und pflegebedürftiger Menschen zu. Gerade in ländlichen Regionen führt das zu einer angespannten Situation bei der Gesundheitsversorgung. Hier trifft die alternde Gesellschaft auf einen Mangel an Ärzt:innen. Auch Fachkräften in Gesundheit und Pflege fehlen vielerorts. Vor diesem Hintergrund können Technologien des Ambient Assisted Living, kurz AAL, sinnvolle und wichtige Unterstützung in vielen Lebenslagen bieten und ein selbstbestimmtes und sicheres Leben in vertrauter Umgebung ermöglichen. Aber auch in Alten-und Pflegeeinrichtungen erleichtert die Technik den Alltag von Bewohner:innen und Mitarbeitenden.
Ambient Assisted Living bezeichnet technologische Systeme, die Menschen im fortgeschrittenen Alter oder Menschen mit Handicap helfen, ihren Alltag inner- und außerhalb der eigenen vier Wände zu meistern. Bereits im Jahr 2008 gab es auf EU-Ebene erste Programme, die die Entwicklung von AAL-Technologien förderten. Heute gehört der Hausnotruf zu den wohl bekanntesten AAL-Anwendungen. Der Knopf kann fest in der Wohnung oder im Haus installiert oder in Kombination mit einem Armband getragen werden. Sobald eine Person einen Notruf auslöst, überträgt das System das Signal und den genauen Standort der hilfebedürftigen Person. Der Hausnotruf ist aber nur ein Beispiel von vielen.
Wie vielfältig AAL-Lösungen sind, zeigt das Beispiel der Evangelischen Heimstiftung (EHS) in Baden-Württemberg. Seit 2017 setzt das Unternehmen auf unterschiedliche technische Hilfsmittel. Die Heimstiftung nennt ihr Konzept ALADIEN: Alltagsunterstützende Assistenzsysteme mit Dienstleistungen. Es kommt zum Beispiel in ambulant betreuten Wohngemeinschaften und im betreuten Wohnen der Heimstiftung zum Einsatz. Verschiedene Sensoren in den Wohnräumen sorgen für Sicherheit und Komfort der Bewohner:innen. So erkennt ein Interaktivitätsmelder, wenn sich eine Person ungewöhnlich lange nicht bewegt. Dies wird automatisch an Angehörige, Pflegekräfte oder eine Notrufzentrale gemeldet. Darüber hinaus erfassen Sensoren, wenn eine Person stürzt oder ein Herd noch in Betrieb ist, wenn kein Topf mehr darauf steht. Der Herd wird dann automatisch ausgeschaltet. Über ein Tablet können Bewohner:innen Rollläden und Beleuchtung steuern. Außerdem ermöglicht es eine App, zu sehen, wer vor der Wohnungstür steht. Die technische Grundlage für alle Module bildet ein Basissystem, das aus einer Funkstation und einer App für Smartphones und Tablets besteht.
Zur Einführung des Systems bringt Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der EHS, die Vorteile technischer Assistenzsystem in einem Interview auf den Punkt: „Menschen möchten möglichst lange in der eigenen Häuslichkeit verbleiben. Wir möchten, dass sie dort sicher sind. ALADIEN macht beides möglich, indem der Übergang in stationäre Settings – also im klassischen Pflegeheim – verzögert oder sogar verhindert wird. Das gibt den Kunden und ihren Angehörigen ein gesteigertes Sicherheitsempfinden und reduziert Fehlalarme, indem Hilfe immer dann geholt wird, wenn sie tatsächlich notwendig ist. Außerdem wird ALADIEN durch ein seniorengerechtes Tablet bedient. Das bietet unseren Kunden einen vereinfachten Zugang zu Dienstleistungs- und Teilhabeangeboten.“
Bereits 2018 hat der Digitalverband Bitkom in einer Studie untersucht, wie hoch die Bereitschaft älterer Menschen zur Nutzung digitaler Lösungen ist. Das Ergebnis: „Die Mehrheit zieht es klar vor, durch digitale Lösungen unterstützt in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben und nicht ins Pflegeheim zu müssen.“ Damit die Hilfsmittel problemlos zum Einsatz kommen können, hält Bitkom eine sichere digitale Infrastruktur mit weitreichender WLAN-Abdeckung für unabdingbar. „Sie sollte einfach und intuitiv aufgebaut sein, damit die Digitalisierung Entlastung schaffen kann und keinen zusätzlichen Aufwand für die Administration verursacht.“
In zahlreichen Projekten werden die Möglichkeiten, die die Digitalisierung für ein selbstbestimmtes Leben mit sich bringt, getestet. Das Digitale Bürgernetz stellt zwei Projekte vor: