„Smarter Katastrophenschutz für Bamberg“ verbessert die Einsatzplanung - Digitales Bürgernetz

Katastrophenschutz: schneller und effizienter durch digitale Koordination

#Gemeinschaft 14. September 2023

Die digitale Koordination von Einsatzkräften soll in Bamberg den Katastrophenschutz verbessern. © Nina Stapf, Smart City

Im Rahmen des Smart-City-Projekts „Innovativer Katastrophenschutz“ der Stadt Bamberg wurde im Rahmen einer Vorstudie eine Prototypsoftware zur digitalen Vernetzung von Einsatzkräften entwickelt. Jochen Dürst, ehrenamtlich in der Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung (UG-ÖEL) und Katastrophenschutz der Stadt Bamberg tätig, erklärt im Interview, worum es dabei geht.

 

Herr Dürst, wie kam es zu dem Projekt „Smarter Katastrophenschutz“ und worum geht es dabei?

Im Rahmen des Smart-City-Bamberg-Programms konnten sich Digitalisierungsprojekte aus der Bürgerschaft einbringen und für eine Aufnahme in das Programm bewerben. Unsere ehrenamtliche Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung war sich sofort einig, dass wir da etwas machen wollen, was perspektivisch das Bayern-weite System EPSweb ergänzen könnte, das hierzulande für die Führung und Dokumentation der Katastrophenschutzeinheiten im Einsatz verwendet wird.

Bei diesem System fehlt uns vor allem die interaktive Vernetzung der Beteiligten auf Basis der aktuellen technischen Möglichkeiten. Daher haben wir eine digitale Lagekarte und ein digitales Dashboard entwickelt, mit dem alle Organisationen – darunter z.B. Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste, das Technische Hilfswerk, Leitstellen aber auch die Kreisverwaltungsbehörden – miteinander verbunden sind und somit eine gemeinsame Lagekarte führen und auf alle einsatzrelevanten Informationen zurückgreifen können.

Porträt Jochen Dürst.
Jochen Dürst ist im Katastrophenschutz Bamberg aktiv. Foto: privat

Die digitale Lagekarte ermöglicht dabei eine Echtzeitansicht der Positionierung der Einheiten bei Einsatzlagen wie Hochwasser, Brand oder Unfall. Jeder sieht ohne zeitliche Verzögerung, wer wo verfügbar ist und was wo passiert. Die Nutzer können außerdem aktiv Informationen, auch als Fotos, in die Karte einspeisen. Somit erhält zum Beispiel eine Einsatzleitung oder ein Führungsstab einen direkten und sofortigen Eindruck und Lagebild von der Situation vor Ort. Das Dashboard dient dazu, einsatzrelevante Informationen in einer Ansicht zusammenzufügen. Das können je nach Situation Pegelstände von Gewässern, Wetterdaten, Verkehrsströme oder auch die Auslastung der Krankenhäuser sein. Dabei soll jede Stelle das Dashboard so anpassen können, wie es den jeweiligen Anforderungen und Nutzerrelevanz entspricht.

Welche Vorteile bringt das für den Katastrophenschutz?

Wenn alle über dieselben Informationen verfügen und dabei keine Zeit durch die Informationsweitergabe verloren wird, werden unsere Einsätze insgesamt schneller und effizienter, somit minimieren wir den Schaden und wir werden auf viele Situationen besser vorbereitet sein. Das erhöht letztendlich die Sicherheit für den Bürger. Wichtig ist uns eine Skalierbarkeit des Systems. Es ist durchaus für Standardeinsätze gedacht, damit man sich an die Handhabung gewöhnt und vertraut ist, und das System nicht nur für seltene Großeinsätze reduziert. Außerdem ist uns daran gelegen, eine Lösung zu entwickeln, die nicht ganz von vorn anfängt, sondern die Systeme, die bereits im Einsatz sind, ergänzen und verbessern kann. Nur so kann sich so eine Lösung auch durchsetzen.

Ein Smartphone, das auf einem Tisch liegt, zeigt eine Karte.
Die digitale Lagekarte gibt einen Überblick über den Einsatz. © Nina Stapf, Smart City

Wie ist der Softwareprototyp dazu entstanden?

Bereits im September 2021 haben wir an einer Ideenschmiede im Rahmen des Programms Smart City Bamberg unser Konzept vorgestellt und uns mit den Softwareexperten der Lion5 GmbH aus Bamberg zusammengetan. Im Februar 2022 rief das Programm einen Hackathon aus. Hier wurde ein erstes Konzept und Demosoftware entwickelt. Als danach die Bamberger Bürger abstimmen konnten, welches Projekt des Hackathons ihnen am besten gefiel, wurden wir sogar zum Sieger ernannt. Das war eine schöne Bestätigung dafür, dass das, was wir tun, für die Bürger Relevanz hat und den Wert des Katastrophenschutzes bei den Bürgern der Stadt unterstrichen.

In der Strategiephase von Smart-City-Bamberg konnte eine Vorstudie initiiert werden, um mögliche Risiken zu identifizieren und eine technische Grundfunktionalität aufzubauen. Den ersten Testlauf dieses Vorstudiensoftwareprototyps hatten wir dann beim Weltkulturerbelauf in Bamberg.

Wie hat dieser Testlauf funktioniert?

Mit 12.000 Läufern und 30.000 Zuschauern war der Weltkulturerbelauf eine großartige Gelegenheit, das System im Einsatz zu testen. Wir schulten zehn ausgewählte Nutzer, die die Software während des Einsatzes genutzt haben. Das Feedback war durchweg positiv, und vor allem die digitale Lagekarte ist sehr gut angekommen. Es scheint, als ob unsere Lösung die Informationsgrundlage und Lagedarstellung erheblich verbessert, und den Zeitversatz deutlich reduziert.

Einsatzkräfte hören einem Vortrag zu.
Beim Weltkulturerbelauf wurden die Testnutzer von Jochen Dürst in das System eingeführt. © Nina Stapf, Smart City

Wie geht es jetzt mit dem Projekt weiter?

Im Smart-City-Bamberg-Programm hat die Strategiephase geendet und dort befindet man sich nun in der Umsetzungsphase. In dieser Umsetzungsphase wurden wir als Projekt aufgenommen, jedoch im Status „unter Vorbehalt“. Die Summe von Umsetzungsprojekten bzw. deren geschätzte Umsetzungskosten sind höher als die verfügbare Förderung. Unser Projekt ist aus der Bürgerschaft entstanden und unser Projektstatus kann sich ändern, wenn andere Projekte doch nicht zum finalen Zuge kommen oder veranschlagte Budgets nicht abgerufen werden. Wir loten aber gleichzeitig auch andere Wege der Fortführung und weiteren Finanzierung aus und sind beispielsweise auch schon im Kontakt mit dem Bayerischen Innenministerium. Durch das Projekt ist ein sehr gutes Netz an Akteuren entstanden – auch über Bamberg hinaus –, die alle an der Lösung weiterarbeiten wollen, sodass wir verschiedene Möglichkeiten der Zwischenfinanzierung und Weiterentwicklung erörtern. Und natürlich sind wir immer offen für neue Partner und Unterstützer.

Weitere Informationen

Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es auf der Homepage der Fachtagung FUNKE: fachtagung-funke.de

Ein Video zum Projekt finden Sie hier.

An einer Kooperation interessierte Stellen können sich an folgende E-Mail-Adresse wenden: lagekarte@katastrophenschutz.org.

Über das Smart-City-Programm der Stadt Bamberg

Bamberg ist vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) als eine von 73 Städten für das Förderprogramm Smart City ausgewählt worden und erhält bis 2027 rund 17,5 Millionen Fördergelder. „Damit wollen wir die Stadt mit digitalen Mitteln lebenswerter machen“, erläutert Nina Stapf, Netzwerkmanagerin Stadt Bamberg. „Dabei haben wir sehr stark auf Bürgerbeteiligung gesetzt und mit den Bürgern gemeinsam Ideen gesammelt, was Bamberg smarter machen könnte.“ Zu zwölf Projekten, die sich aktuell in der Umsetzungsphase befinden, gehören unter anderem ein digitaler Zwilling der Stadt, eine Engagement-Plattform, über die Bürger:innen, Vereine und Verwaltung zusammenarbeiten und sich vernetzten können, sowie ein Projekt zur Erfassung von Trockenheitsschäden und Insektenbefall in Baumkronen mithilfe von Drohnen. Weitere Informationen gibt es auf smartcity.bamberg.de.

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