Bad Berleburg befasst sich im Rahmen der Pilotphase der Kleinstadtakademie mit dem Thema „Lokale Demokratie gestalten“ – hier findet in diesem Sinne ein Bürgerrat zur Neugestaltung des Goetheplatzes der Gemeinde statt. Foto: Stadt Bad Berleburg
Mit der Idee einer Kleinstadtakademie fördert das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen die zukunftsfähige Entwicklung von Kleinstädten in Deutschland. Nach der Pilotphase wird nun ausgewertet, was für eine dauerhafte Kleinstadtakademie wichtig ist.
Im Rahmen der Pilotphase „Von Kleinstädten, mit Kleinstädten, für Kleinstädte“ wurden von 2019 bis 2023 die Inhalte einer zukünftigen Kleinstadtakademie erprobt und weiterentwickelt. Ziel ist der Aufbau einer Plattform, die mit vielfältigen Angeboten den Erfahrungsaustausch, den Wissenstransfer und die Vernetzung der Kleinstädte in Deutschland zum Thema Stadtentwicklung fördert.
„Fast die Hälfte der Siedlungen in Deutschland sind Kleinstädte. Sie sind beliebte Wohn- und Lebensstandorte für knapp ein Drittel der Bevölkerung, haben aber teilweise auch mit Abwanderung in Großstädte zu kämpfen und müssen Wege finden, ein attraktiver Wohn- und Arbeitsstandort zu bleiben,“ erläutert Christoph Vennemann vom Referat Baukultur und Städtebaulicher Denkmalschutz im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). „Gesamtgesellschaftliche Veränderungen – Digitalisierung, neue Arbeitswelten, Migration, ein sich veränderndes Klima und der demografische Wandel – stellen auch kleinere Städte und Gemeinden in Deutschland vor große Herausforderungen.“
Dabei seien sie oft mit weniger Ressourcen und Handlungsspielräumen ausgestattet als größere Städte, dennoch sei ihre Bedeutung als Ankerpunkte der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum nicht zu unterschätzen.
Die Kleinstadtakademie soll daher durch Vernetzung und Wissenstransfer Gemeinden befähigen, ihre Stadtentwicklung aktiver anzugehen. In der Pilotphase wurde diese Idee durch Veranstaltungen wie Workshops, Expertengespräche, Erfahrungswerkstätten oder Foren für Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bis hin zu einer bundesweiten Tagung weiterentwickelt. Es entstand eine Internetplattform mit virtueller Werkzeugsammlung, die verschiedene Informations- und Austauschangebote bündelt.
Außerdem wurden sechs Modellvorhaben gefördert, für die sich jeweils mehrere Kommunen zusammengeschlossen hatten. So konnten bestimmte Projekte, die unterschiedliche Bedürfnisse von Kleinstädten behandeln, umgesetzt werden. Dabei ging es auch darum, mithilfe digitaler Angebote die Attraktivität als Wohn- und Wirtschaftsstandort wieder zu erhöhen. So beschäftigten sich unter anderem die Projekte „Reallabor Stadtentwicklung – Wohnen gestalten im Wandel von Digitalisierung und Mobilität“ und „StadtLabor Kleinstadt – Kooperative Entwicklung kleinstädtischer Transformationspfade im Themenfeld Digitale Arbeitswelten“ mit der Frage, wie die Digitalisierung das Wohnen und Arbeiten in Kleinstädten verbessern kann.
„Durch die Modellvorhaben in der Pilotphase wurde deutlich, wie sehr die Akteure in den Kleinstädten diesen überregionalen, bundesweiten Austausch als gewinnbringend bewerten, und dass die Probleme der Städte oft ähnlich sind, aber dann doch wieder andere Herangehensweisen benötigen“, resümiert Christoph Vennemann. „Die Akteure in den Kleinstädten leisten herausragende Arbeit, sind aber teilweise durch finanzielle und personelle Engpässe eingeschränkt. Die Pilotphase hat gezeigt, welche Potenziale in den Kleinstädten vorhanden sind. Es ist spannend, diesen Prozess weiterzuverfolgen.“
Ende des Jahres werden die Ergebnisse der Modellvorhaben auf einer großen Bundestagung thematisiert. Natürlich haben aber auch die beteiligten Kommunen bereits Schlüsse aus der Pilotphase gezogen. „Wir müssen Themen insgesamt lösungsorientiert angehen. Kleinstädte können gemeinsam eine ganze Menge bewegen – aber nur dann, wenn wir Lösungen eben auch für den ländlichen Raum neu denken und nicht Lösungen für urbane Räume adaptieren“, resümiert Bernd Fuhrmann, Bürgermeister der Stadt Berleburg und Vorsitzender des Beirats zur Pilotphase der Kleinstadtakademie. „Die Beteiligung unserer Bürgerinnen und Bürger vor Ort spielt eine zentrale Rolle – das schafft nicht nur Akzeptanz, sondern Identifikation vor Ort und dauerhafte Stabilität im Sinne der demokratischen Willensbildung. Die Kleinstadtakademie ermöglicht dabei Experimentierräume für Kleinstädte, und dies kann für sie große Chancen darstellen. Neue Ideen, neue Ansätze, neue Laborräume – das ist entscheidend, gerade dadurch wird Weiterentwicklung erst möglich.“
An der Notwendigkeit einer Kleinstadtakademie besteht für alle Beteiligten kein Zweifel mehr. „Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen lobt aktuell einen Standortwettbewerb aus, um den Standort der Geschäftsstelle Kleinstadtakademie zu finden und zu benennen. Damit bekommen die Kleinstädte einen zentralen Ansprechpartner“, erläutert Christoph Vennemann. „Ab 2024 soll dann durch die Einrichtung dieser Geschäftsstelle die Idee einer Kleinstadtakademie, wie sie in der Pilotphase entwickelt wurde, aufgebaut, fortgeführt und stetig weiterentwickelt werden.“
Die Pilotphase der Kleinstadtakademie ist Teil der Initiative Kleinstädte in Deutschland des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Sie wird durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) im Rahmen des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) des BMWSB betreut. Mehr Informationen unter www.kleinstadtakademie.de