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Lernen mit Chatbot: So testen Schulen künstliche Intelligenz  

#Bildung 20. Juni 2024

Die ersten Tests laufen: Bald halten KI-Tools Einzug in den Unterricht. ©unsplash/compare-fibre

ChatGPT ist seit etwas mehr als eineinhalb Jahren öffentlich zugänglich. Innerhalb von fünf Tagen meldeten sich damals laut der Presseagentur Reuters eine Million Nutzerinnen und Nutzer an – bis Januar 2023 waren es 100 Millionen. Das überwältigende Interesse für das „Large Language Model“ zeigte: KI-Tools, mit denen sich reden lässt, haben einen Nerv getroffen. Seitdem beschäftigen sich viele Menschen, Unternehmen und Institutionen mit dem Programm, um eigene Ideen zu entwickelten.

Das gilt auch für den Bereich Bildung und Erziehung. Namhafte Organisationen wie die UNESCO sprechen der Künstlichen Intelligenz eine wichtige Rolle zu: Sie habe „das Potenzial, einige der größten Herausforderungen in der heutigen Bildungslandschaft zu bewältigen und Lehr- und Lernpraktiken weiterzuentwickeln“. Eine besondere Chance sieht die UNESCO beim Kampf gegen die Ungleichheit. „Das Versprechen der ‚KI für alle‘ muss darin bestehen, dass jeder von der laufenden technologischen Revolution profitieren und ihre Vorteile, insbesondere in Bezug auf Innovation und Wissen, nutzen kann.“ Die größten Risiken: Vorurteile, die durch die Trainingsdaten gelernt und reproduziert werden – und das bekannte „Halluzinieren“. Denn ChatGPT erfindet Antworten, wenn es die Fakten nicht kennt.

Angepasste Lernbots kennen die richtigen Antworten

Falsche Angaben in einem KI-Tool, das zum Lernen eingesetzt wird, sind für Schulen oder andere Bildungseinrichtungen keine Option. Daher wählen die deutschen Schulen, die KI-basierte Chatbots testweise einsetzen, oft sogenannte Custom-GPTs mit eigenen Daten. So können Lehrkräfte auf der Plattform fobizz Lernbots mit dem eigenen Hintergrundwissen füttern. fobizz ist bereits seit einiger Zeit in Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz im Einsatz und ermöglicht den Zugang zu verschiedene KI-Anwendungen für den Bildungsbereich. „Ganz wichtig ist dabei: Wir stellen den Schulen nicht einfach nur eine neue Technik zur Verfügung. Die Einführung von ,fobizz‘ wird begleitet von einem großen Paket an Fortbildungsangeboten“, sagt die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig. „Zweifellos bietet KI große Möglichkeiten: Sie kann individualisiertes Lernen unterstützen, sie kann sich auf den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler einstellen, sie kann mit Barrierefreiheit bei der inklusiven Bildung helfen und Lehrkräfte von Routinetätigkeiten entlasten.“

fobizz arbeitet nach eigenen Angaben fortlaufend an der Entwicklung und Einbindung weiterer Werkzeuge. Jüngst wurde das Unternehmen in einem Beitrag der Tagesschau erwähnt: Anlass war ein neuer Chatbot, mit dem Lehrkräfte den Unterricht vorbereiten können.

Auch Baden-Württemberg hat seit Januar 2024 den Chatbot fAIrChat im Angebot. Getestet wird das Tool, das anonyme Anfragen an Sprachmodell-Server stellt, zunächst von Lehrkräften in Ausbildung, später im Unterricht. „fAIrChat ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, ein generatives Sprachmodell in einem sicheren Rahmen auszutesten und sinnvoll einzusetzen. Damit lernen sie, verantwortungsvoll mit KI-Anwendungen umzugehen“, sagt die zuständige Staatssekretärin Sandra Boser dazu.

Ebenfalls auf die Lernbedürfnisse von Jugendlichen geht „fiete.ai“ ein, das auf der Bildungsmesse didacta zum Start-up des Jahres 2024 gewählt wurde. Das webbasierte Feedback-Tool steht im Testbetrieb in Sachsen-Anhalt zur Verfügung. Es gibt individuelle Rückmeldung zu den Texten und Antworten der Lernenden, macht Verbesserungsvorschläge und ermittelt den Lernbedarf. Bildungsministerin Eva Feußner über fiete.ai: „Dieses innovative KI-Werkzeug wird nicht nur Lehrkräfte unterstützen und entlasten, sondern auch Schülerinnen und Schülern wertvolles Feedback bieten, um ihre Fähigkeiten zu verbessern. Wir sind stolz darauf, als erstes Bundesland dieses Tool einzuführen. Damit unterstreichen wir unser Engagement für eine zeitgemäße Bildungslandschaft, die den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht wird.“

Ein Stapel Tablet-Computer mit unterschiedlich gefärbten Rahmen
Für digitale Chancengerechtigkeit müssen alle Jugendlichen Zugänge zu Hardware und Programmen haben. © unsplash/arthur-lambillotte

Kritisches Verständnis bleibt wichtig

Wichtig ist den meisten Anbietern, aber auch Vertreter:innen aus Wissenschaft und Politik, dass KI-Tools in Schulen sehr bewusst eingesetzt werden. So schreibt die Professorin für Grundschulpädagogik und -didaktik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Uta Hauck-Thum im Blog des Start-ups fiete.ai: „Modelle wie ChatGPT verändern zunächst einmal radikal den gewohnten Schreibprozess. Das bedeutet aber nicht, dass Heranwachsende von nun an keine Schreibkompetenzen mehr benötigen, weil das Tool die gestellten Aufgaben vermeintlich erledigt. Es geht vielmehr darum, allen Schülerinnen und Schülern Zugänge zu innovativen Technologien zu eröffnen.“

Auch Bundesländer, die KI bereits einsetzen, betonen ihren vorsichtigen Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Dr. Stefanie Hubig, Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz: Es „muss immer darauf geachtet werden, dass sie nicht zu einem kritiklosen Umgang verleitet, dass KI immer hinterfragt wird. Der Mensch steht beim Lehren und Lernen weiter im Mittelpunkt, die Lehrkraft ist durch keine KI zu ersetzen.“

Um Schulen, aber auch Start-ups und andere Unternehmen beim Einsatz von KI in der Bildung zu unterstützen, investiert das Bundesbildungsministerium in dieser Legislaturperiode 1,6 Milliarden Euro. Die Förderung von KI-basierten Technologien im Bildungssystem hat es auch in den KI-Aktionsplan geschafft – nicht ohne zu betonen: KI solle in der Bildung verantwortungsvoll dort eingesetzt werden, wo Prozesse und Ergebnisse des Lernens und Lehrens bei geringem Risiko verbessert werden könnten.

„Kritisches Denken, Textverständnis, Quellenanalyse sind Grundkompetenzen, die jetzt erst recht vermittelt werden müssen“, ergänzte Kai Gehring, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung in seiner Rede zur Künstlichen Intelligenz im Bundestag. „Wichtig wird sein, allen Jugendlichen die gleichen Zugänge zu KI-Programmen zu ermöglichen und niemanden digital abzuhängen. Dafür müssen wir auch unsere Lehrkräfte zügig im Umgang mit KI aus- und weiterbilden. Dann kann KI auch zu mehr Chancengerechtigkeit führen.“

ChatGPT

Der Chatbot des US-amerikanischen Unternehmens OpenAI nutzt KI, um Texte und Bilder zu produzieren. Besonders gut kam bei der Veröffentlichung von GPT-3 im November 2022 an, dass sich das Tool auch von Laien einfach nutzen lässt: Nutzerinnen und Nutzer können sich mit dem Chatbot in natürlicher Sprache unterhalten.

ChatGPT reproduziert in einigen Fällen Vorurteile und Fehleinschätzungen oder erfindet scheinbare Fakten. Deswegen sollten Nutzerinnen und Nutzer kritisch mit dem Tool umgehen.

Allerdings setzt sich der Trend zum so genannten Custom-GPT fort: In diesen Modellen kann der Chatbot nach den eigenen Vorstellungen oder mit den eigenen Trainingsdaten arbeiten. So lassen sich viele Fehler vermeiden.

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