Wie können digitale Tools den Katastrophenschutz unterstützen? - Digitales Bürgernetz

Naturkatastrophen – können digitale Tools ihnen den Schrecken nehmen?

#Gemeinschaft 27. September 2022

Katastrophen können mit Apps wie z. B. NINA nicht verhindert werden. Doch kann der Einsatz digitaler Tools helfen, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen und Menschen in Sicherheit zu bringen. © Daria Nepriakhina/Unsplash

Die Nachrichten über Naturkatastrophen scheinen seit Jahren nicht abreißen zu wollen: Waren die Schlagzeilen im Sommer 2021 vom Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geprägt, dominierten ein Jahr später Berichte über ausufernde Waldbrände, beispielsweise in der Sächsischen Schweiz und in Brandenburg.

Trotz Warnungen des Wetterdienstes und Medienberichten kam das Hochwasser 2021 für viele wie aus dem Nichts: In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli verloren mehr als 180 Menschen ihr Leben, mehr als 800 wurden zum Teil schwer verletzt. In Zeiten, in denen sich Videos, Bilder und Nachrichten über soziale Medien und Apps rasant verbreiten, drängt sich somit die Frage auf, wie digitale Werkzeuge besser genutzt werden können, um Menschen vor Naturkatastrophen zu warnen.

Wie hilft uns NINA?

Um sich die immer stärkere digitale Vernetzung der Menschen über Smartphones zunutze zu machen, hat der BUND die Warn-App NINA entwickelt. NINA steht für Notfall-Informations- und Nachrichten-App. Sie ist Teil des Modularen Warnsystems MoWaS, das Bund, Länder und Kommunen gemeinsam nutzen. Jede Behörde kann hier Warnmeldungen einstellen, die über verschiedene Kanäle wie Fernsehen, Radio und Internet verbreitet werden.

Das Problem: Vor der Flutkatastrophe war NINA kaum bekannt. Dabei lohnt sich die Installation, weil die App die unterschiedlichen Gefahren zusammenfasst: von austretenden Gefahrstoffen, Großbränden, Terroranschlägen bis hin zu den aktuellsten Corona-Informationen. Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes und Hochwasserinformationen der zuständigen Stellen der Bundesländer sind ebenfalls integriert. Der Nutzer abonniert die Städte und Regionen, für die er gewarnt werden möchte, und erhält im Falle einer Gefahrenlage auch Handlungs- und Verhaltensempfehlungen. Dabei funktioniert die Lokalisierung nur über GPS.

Was können andere Warn-Apps?

Zusätzlich zu der offiziellen Warn-App des Bundes gibt es zahlreiche weitere Apps, privater und öffentlicher Natur, die vor Katastrophenfällen warnen.

Bei KATWARN  kann der Nutzer auch ohne GPS lokalisiert werden, weil sich die App am WLAN-Zugangspunkt und Mobilfunkbasisstationen orientiert. Zusätzlich zu seinem Aufenthaltsort kann man sieben weitere Regionen auswählen. Quellen der Benachrichtigungen sind die Leitstellen der Feuerwehr, der Katastrophenschutz und der Deutsche Wetterdienst.

BIWAPP verschickt Meldungen für den aktuellen Standort und eine unbeschränkte Anzahl zuvor ausgewählter Orte. Auch hier sind die Absender offizielle Stellen wie Institutionen, Behörden, Kommunen und Städte. Die App meldet auch Schulausfälle, Verkehrsunfälle und Fahndungsaufrufe.

Des Weiteren gibt es zahlreiche Info-Apps, die sich auf bestimmte Themen spezialisieren wie die Warnapp des Deutschen Wetterdienstes DWD WarnWetter oder die App Meine Pegel des länderübergreifenden Hochwasserportals hochwasserzentralen.de. Außerdem bieten Länder und Regionen eigene Lösungen an, beispielsweise hessenWARN oder HochwassergefahrST für Pegelstände in Sachsen-Anhalt.

Wer die Gefahrenlage global im Blick haben will, ist wie Apps wie Disaster Alert oder GlobalMonitoring gut bedient. Damit hat man auch auf Auslandreisen von Tsunamis und Erdbeben über bewaffnete Konflikte und Demonstrationen bis hin zu Infektionsraten alles im Blick.

Warnsirenen auf dem Dach eines Hauses
Sirenen gelten weiterhin als das zuverlässigste Warnsystem. In Deutschland soll das Netz der Warnsirenen ausgebaut und modernisiert werden. © Guillaume Coué/Unsplash

Cell Broadcast soll 2023 in Deutschland starten

Nach der Hochwasserkatastrophe 2021 wurden schnell Stimmen laut, die die Einführung des „Cell Broadcasting“ in Deutschland forderten. Diese Warntechnologie wird beispielsweise bereits in den USA, Japan aber auch Europäischen Ländern wie den Niederlanden, Litauen und Rumänien eingesetzt. Doch in Deutschland fehlten bisher die technischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung der Technologie.

Bei Cell Broadcasting erscheint eine Push-Nachricht samt Hinweiston auf dem Bildschirm des Handys. So sollen besonders viele Menschen erreicht werden, da kein Smartphone und keine Internetverbindung nötig sind. Die Push-Nachricht wird über das Mobilnetz automatisch an alle versendet, die sich mit einem geeigneten Handy in einem bestimmten Funkzelle des Mobilfunknetzes befinden.

Die rechtlichen Voraussetzungen hat die Bundesregierung geschaffen und die Mobilfunknetzanbieter verpflichtet, Cell Broadcast einzurichten und für den Versand von Warnungen bereitzuhalten. Die Freischaltung des Dienstes ist für Februar 2023 geplant, nach einer intensiven Testphase, die Ende 2022 starten soll.

 

Ausschließlich auf Warn-Apps oder Push-Nachrichten verlassen sollte man sich nicht. Sie können allenfalls als Ergänzung gesehen werden. Sirenen gelten in Deutschland immer noch als das zuverlässigste Warnsystem. Weil sie auch funktionieren, wenn Internetverbindungen oder Mobilfunknetze zusammenbrechen, hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nach dem Jahrhundertwasser 2021 den Ausbau und die Modernisierung des seit den 1990er-Jaren massiv ausgedünnten Netzes an Warnsirenen ins Spiel gebracht.

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