Satellitendaten zeigen die Bewegung von Hoch- und Tiefdruckgebieten. ©gettyimages
„Ist der Winter kalt und weiß, wird der Sommer lang und heiß“ oder „Ist bis Dreikönig noch kein Winter, kommt auch keiner mehr dahinter“: Mit zahlreichen Bauernregeln haben Generationen von Landwirten seit Jahrhunderten versucht, das Wetter möglichst gut vorhersehbar und damit beherrschbar zu machen. Im Zuge der Digitalisierung hat sich hier in den vergangenen Jahrzehnten ein Quantensprung vollzogen. Inzwischen ist es nicht nur möglich, die Wetterveränderungen per Satellit zu beobachten, sie können auch dank digitaler Kommunikationstechnik in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. So wird Landwirten eine genauere Prognose der Wetterlage ermöglicht.
Die Zeitschrift Agrarheute vom Deutschen Landwirtschaftsverlag stellte 2021 in einer Leserumfrage fest, dass sich selbst heute noch 3 Prozent der befragten Landwirte gerne an Naturbeobachtungen orientieren, um das Wetter vorherzusehen. Doch wenig überraschend: Die meisten setzen auf moderne Technik und holen sich ihr Wetter per App auf das Handy (41 Prozent) oder nutzen Online-Wetterdienste (30 Prozent).
„Als es vor Jahrzehnten mit der Digitalisierung los ging, war das erste große Thema das Wetter. Das Wetter ist seit jeher die große Variable in der Landwirtschaft, doch selbst als man Vorhersagen von Wetterdiensten sammeln, zusammenführen und auf geografische Einheiten herunterbrechen konnte, gab es ohne Digitalisierung keine Möglichkeit, den Landwirten diese wichtigen Informationen zeitnah zur Verfügung zu stellen“, erläutert Peter Müller, Geschäftsführer der Bayer Crop Science Deutschland GmbH. „Heute kann man die Daten, die per Satellit erfasst werden, in Echtzeit ans Smartphone senden. Und damit ist die Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz werden wir in der Lage sein, die Daten und Algorithmen immer weiter zu verfeinern und miteinander zu vernetzen.“
Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) setzt sich dafür ein, dass sogenannte Fernerkundungsdaten, zu denen Satellitendaten für exaktere Wettervorhersagen gehören, für die Landwirtschaft verfügbar gemacht werden, beispielsweise mit dem BMEL-Programm zur Fernerkundung. Das europäische Erdbeobachtungssystem Copernicus stellt beispielsweise für die Landwirtschaft interessante Satellitendaten zeitnah, online und kostenlos zur Verfügung. IT- und Agrarunternehmen beschäftigen sich intensiv damit, diese Daten über verschiedene Produkte noch nutzbarer zu machen.
Wetter-Apps, die auf die Landwirtschaft spezialisiert sind, gibt es mittlerweile in Hülle und Fülle. So bietet die App Agrar Wetter von Bayer Landwirten hochauflösende HD-Wetterprognosen, Radarbilder und Satellitenkarten. Dafür werden Daten von Wetterstationen ausgewertet. Die MobileWetter App von NEXT Farming, einem Spezialanbieter aus Bayern, lässt sich mit vom Landwirt selbst aufgestellten NEXT Wetterstationen verbinden.
Speziell für den Landwirt entwickelte Wetterstationen gibt es ebenfalls von zahlreichen Herstellern. Was sie messen und liefern ist unterschiedlich: Temperatur, Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag gehören zum Standard. Manche Stationen bestimmen darüber hinaus Windrichtung und Bodenfeuchtigkeit oder sogar Verdunstung, Bodentemperatur und Frostgefahr.
In der Umfrage von Agrarheute gaben zwar nur 2 Prozent der Landwirte an, eigens installierte Wetterstationen zu nutzen, doch das könnte sich bald ändern. Wetterdaten sind schließlich umso präziser je lokaler sie erhoben werden. Bekannte Anbieter wie Sencrop oder Metos setzen auf Kompatibilität mit den großen Agrarfirmen und lassen sich an umfassende, digitale Feldmanagementsysteme anschließen. Solche Systemenutzen die Daten der Wetteranbieter für ihre Modelle und integrieren sie in ihre Algorithmen. So wird das Wetter längst nicht mehr als isolierter Faktor betrachtet, sondern als einer von vielen Parametern, die die Situation auf dem Feld beeinflussen.
Die ständig ins System gespeisten Wetterdaten werden von den digitalen Managementsystemen berücksichtigt und wirken sich auf die Wachstums- und Ernteprognosen sowie Handlungsempfehlungen zum Einsatz von Dünger, Pflanzenschutzmitteln, Bewässerung etc. aus. Damit soll der Landwirt noch bessere und gezieltere Entscheidungen treffen können, die letztendlich die Ernten sichern und die Landwirtschaft durch effizienteren Ressourceneinsatz nachhaltiger machen.