Pascal Keller, Alwin Pianka und Frederic Keller (von links) machen Jugendlichen Mut bei der Berufsorientierung © Annika Martin Fotografie
Schule – und dann? Studieren, eine Ausbildung machen oder für ein freiwilliges Jahr ins Ausland gehen? Das ist eine wichtige, aber auch schwierige Entscheidung. Den richtigen Job zu finden, ist nicht leicht. Viele junge Menschen sind unsicher, fühlen sich damit überfordert und allein gelassen. Das Start-up „Mein mutiger Weg“ unterstützt sie bei der Berufsorientierung und möchte ihnen Mut machen, sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft zu machen, damit sie nach der Schule nicht völlig planlos irgendeinen Weg einschlagen. „Wir motivieren Schülerinnen und Schüler auf dem Land und in der Stadt, Eigeninitiative zu entwickeln, Praktika zu machen, verschiedene Berufe auszuprobieren und dann zu entscheiden: ‚Das passt zu mir. Da fange ich jetzt an‘“, sagt Frederic Keller, einer der Gründer des Unternehmens. Das Ziel hat er fest vor Augen: „Von ‚keine Ahnung‘ zu ‚Ich habe einen Plan‘.“
An der eigenen Zukunft zu arbeiten, soll jungen Leuten Spaß machen. „Wir sprechen sie auf Augenhöhe und auf eine Weise an, die motiviert und zu ihrer Lebenswelt passt“, so Keller. Deshalb startete 2020 die Online-Lernplattform „Traumjob Campus“. Sie wurde mit Schülerinnen und Schülern aus der Südwestpfalz für Mädchen und Jungen der neunten bis zwölften Klasse entwickelt. Per Tablet oder Smartphone können sie sich darüber informieren, welcher Weg für sie der richtige ist. Deutschlandweit ist es die erste Plattform für eine schülergerechte Berufsorientierung. Sie bietet jungen Menschen alles, was sie brauchen, um ihren Traumjob zu finden: Über 100 Lernvideos, Informationen zu Ausbildungs- und Studiengängen sowie verschiedene Tests, um die eigenen Talente und Stärken zu erkennen. Aber auch digitale Arbeitsblätter und Aufgaben, die in den Schulunterricht eingebunden werden können, sind dort abrufbar. Außerdem stehen ihnen sogenannte Mutmacher-Coaches sechs Monate lang zur Seite. Ausgewählte junge Menschen, die bereits erste praktische Erfahrungen gesammelt haben, bieten beim Mentor-Matching Einblicke in Ausbildungs- und Studiengänge. Zudem gibt es Schnittstellen zu Angeboten der lokalen Berufsberatung.
Die Plattform „Traumjob Campus“ ist einer von drei Bausteinen bei der Berufsorientierung. Die beiden anderen: ein fünftägiger digitaler Workshop und sogenannte Mutmacher-Seminare in Schulen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind zwischen 15 und 17 Jahre alt. In dem viereinhalbstündigen Seminar wird ihnen kein Wissen vermittelt, wie sie eine Bewerbung oder einen Lebenslauf schreiben, sondern es geht darum, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und Antworten auf wichtige Fragen zu finden. „Was kann ich richtig gut? Wie wirke ich auf andere? Was ist mir wichtig an einem Job? Wie stelle ich mir mein Leben nach der Schule vor? Habe ich Ziele und Träume?“, sagt Frederic Keller. Die Botschaft, die er und sein Team vermitteln wollen: „Ängste sind ganz normal. Es kann auch mal etwas schiefgehen. Aber ihr könnt euch jederzeit anders entscheiden und müsst nicht euer Leben lang im gleichen Job bleiben.“ Nach dem Seminar ist die Begleitung nicht zu Ende. Die Schülerinnen und Schüler können danach digitale Workshops besuchen oder die Plattform „Traumjob Campus“ nutzen. Das Start-up setzt auf die Kombination von Offline- und Online-Welt.
In den Schulen erlebt Frederic Keller viele bewegende Momente, manchmal fließen auch Tränen bei den Jugendlichen. „Weil es oft ein Loslassen ist, auch von den Erwartungen, die ihre Eltern an sie haben. Wir erreichen die jungen Leute, öffnen ihnen die Augen und ermutigen sie, ihren Traum zu verwirklichen“, erzählt der 30-Jährige. Schließlich kann er sich gut in ihre Lage hineinversetzen. Auch sein Weg ins Berufsleben war holprig. 2011 machte er zusammen mit seinem Zwillingsbruder Pascal Abitur. Beide begannen ein Studium – und brachen es ab. „Mein Bruder hat ein duales Studium bei einem Automobilzulieferer begonnen. Ich habe dasselbe studiert wie mein Vater. Er ist Finanzbeamter. Aber schnell hatten wir keinen Bock mehr darauf und waren todunglücklich“, erzählt Frederic Keller. Sein Bruder ging für eine Weile nach Mexiko, er blieb und studierte etwas anderes. Auch das war mit viel Frust verbunden. „Dann haben wir festgestellt, dass es nicht nur uns so geht, sondern ganz vielen jungen Leuten.“ So entstand die Geschäftsidee und 2018 das eigene Unternehmen. Der Firmensitz ist mittlerweile von der kleinen Gemeinde Hauenstein im Naturpark Pfälzer Wald nach Karlsruhe umgezogen. „Mutmacher“ nennen sie sich seit kurzem. Zum Team gehören zwölf Beschäftigte, alle zwischen 20 und 35 Jahre alt und damit nah an der Zielgruppe.
Das Start-up ist seit 2020 zertifizierter Bildungsträger und wird von Landkreisen, Städten und der Bundesagentur für Arbeit gefördert. 23.000 Schülerinnen und Schüler hat das Team bundesweit bereits begleitet, mehr als 200 Schulen besucht. Der Erfolg hat die drei Gründer Pascal und Frederic Keller sowie Alwin Pianka selbst überrascht. Im Juni 2022 wurde ihre Plattform „Traumjob Campus“ nun im Wettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Pascal Keller nahm den Preis in Berlin zusammen mit Dr. Aricia Castelo-Keller und Julia Joachim entgegen. „Solch ein Preis tut gut und ist eine Anerkennung für unsere Arbeit. Damit können wir uns besser nach außen positionieren und zeigen: Wir arbeiten sehr professionell, haben viele tolle Ideen und wollen etwas vorantreiben“, sagt er.
„Wir erreichen die jungen Leute, öffnen ihnen die Augen und ermutigen sie, ihren Traum zu verwirklichen.“
Frederic Keller
Digitale Projekte auf dem Land sichtbar machen und die Köpfe dahinter untereinander vernetzen – das sind die gemeinsamen Ziele von Deutsche Glasfaser und der Initiative „Deutschland – Land der Ideen“. Daher wurde in diesem Jahr erstmalig der Innovationswettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen” ausgerufen. Aus 200 Einreichungen wurden im Juni die Gewinnerprojekte geehrt. Die Plattform „Traumjob Campus“ ist eines von zehn Projekten, die beim Wettbewerb ausgezeichnet wurden. Mehr Informationen zum Wettbewerb – etwa zur Ausschreibung, zur hochkarätigen Jury und den Preisträgern – finden Sie hier.