Start des Carsharing-Projekts im Bochholter Quartier Barlo. Foto: Stadt Bocholt, Nikolaus Kellermann
Im Rahmen des Wettbewerbs „Digitale Orte im Land der Ideen“ werden von einer hochkarätigen Jury Projekte in insgesamt fünf Kategorien gekürt, die mithilfe von digitalen Technologien neuartige Lösungen umgesetzt und damit den digitalen Wandel im ländlichen Raum vorangetrieben haben: Bildung, Gemeinschaft, Gesundheit, Mobilität und Smarte Kommune. Hier sind die für den Preis „Mobilität“ nominierten Projekte, von denen am 14. November 2023 eines zum Gewinner gekürt wird.
Autos, Fahrräder, Lastenräder, E-Bikes: Der Straßenraum wird immer diverser, und mit dem dichter werdenden Verkehr steigen die Sicherheitsanforderungen an die Straßeninfrastruktur. Kleinere und ländliche Kommunen stehen vor der Herausforderung, den Zustand der Fahrbahnen und des Straßeninventars regelmäßig zu kontrollieren. Hier kommt die Software Vialytics ins Spiel, die es ermöglicht, Straßeninfrastruktur per Smartphone-App zu erfassen und Schäden automatisch zu erkennen.
Jedes kommunale Fahrzeug oder Fahrrad kann dabei zum Messfahrzeug umfunktioniert werden. Die Bilder werden von einer künstlichen Intelligenz automatisch ausgewertet und auf Schäden an der Asphaltoberfläche und Objekten wie Verkehrszeichen überprüft. Gefahrenstellen werden erkannt und als Verkehrssicherheitswarnungen im System ausgegeben. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Kombination aus hochpräziser KI-Technologie und einem Management-Tool, das die Kommunen bei der Straßeninstandhaltung unterstützt“, erklärt Danilo Jovicic-Albrecht, Co-Gründer von Vialytics.
Die Nominierung für den Wettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen“ hat das Team besonders angespornt. „Wir freuen uns sehr! Uns inspiriert es, Kommunen auf der ganzen Welt auf dem Weg zur Digitalisierung zu begleiten“, erklärt Danilo Jovicic-Albrecht. Die Teilnahme am Wettbewerb war ihm besonderes Anliegen, um die Erfolgsgeschichten der Kommunen, die ihre Abläufe nun digital, effizient und zeitsparend gestalten, sichtbar zu machen. Mit dem Preis könne man Aufmerksamkeit dafür schaffen, wie KI und proaktives Straßenmanagement gemeinsam funktionieren und wie damit Kommunen jeglicher Größe dabei unterstützt werden können, ihre Infrastruktur sicher und nachhaltig zu bewirtschaften.
Weitere Informationen auf www.vialytics.de.
Carsharing-Modelle sind in Großstädten weit verbreitet, doch wie steht es um den ländlichen Raum? Das Pilotprojekt „cAAruso – Carsharing entlang der Bocholter Aa“ im Rahmen des LEADER-Programms, einem Förderprogramm zur Stärkung des ländlichen Raums, nimmt sich dieser Frage an. Mit neun Quartieren, die zwischen Februar und Juni 2023 in den Kommunen Isselburg, Bocholt, Borken, Rhede und Velen/Ramsdorf eröffnet wurden, zielt das Projekt darauf ab, den steigenden Motorisierungsgrad zu unterbrechen und die Zahl der PKW pro Haushalt zu reduzieren. Dabei schlossen sich jeweils fünf bis zehn Haushalte zusammen und verzichten für ein Jahr zugunsten von ein bis zwei Gemeinschaftsfahrzeugen, die direkt in ihrer Nachbarschaft platziert werden, auf ihren Zweit- oder Drittwagen.
„Mehr als jeder Dritte Haushalt im Kreis Borken besitzt einen Zweitwagen. Sie werden im Wesentlichen für den Transport der Kinder, Einkaufsfahrten und Arztbesuche eingesetzt. Der Aktionsradius ist größtenteils auf den eigenen Ort beschränkt. Da im ländlichen Raum niemand ohne eine gute Alternative seinen Zweit- oder Drittwagen aufgeben möchte, wollen wir herausfinden, ob das nachbarschaftliche Carsharing-Projekt eine Lösung sein könnte“, erklärt Linn Westermann, Projektmanagerin bei der begleitenden projaegt GmbH. Sie betont, dass es kreative Ansätze braucht, um die Region zukunftsfähig aufzustellen, und dass Lösungen aus dem urbanen Raum nicht einfach übertragen werden können.
Die Teilnahme am Wettbewerb und die Nominierung für die Shortlist waren für das Projektteam ein besonderer Meilenstein. „Da wir ohne große Erwartungen unsere Bewerbung eingereicht haben, haben wir uns riesig gefreut, als die Nachricht bei uns eingetroffen ist“, so Westermann. Der Preis würde die Arbeit und das Engagement aller Beteiligten würdigen und könnte andere Kommunen motivieren, Carsharing für den ländlichen Raum tauglich zu machen. „Außerdem ist es eine großartige Möglichkeit, unsere Erfahrungen zu teilen, damit andere Regionen von unserem Wissen profitieren können“, so Westermann.
Das Pilotprojekt läuft bis Juni 2024. Die im Rahmen der Testphase installierten Ladesäulen in den Quartieren werden den Nachbarschaften erhalten bleiben und öffentlich nutzbar sein. Weitere Informationen auf www.caaruso.de.
Mobilität im ländlichen Raum ist für viele eine Herausforderung. Mit einem sozialen Carsharing-Dienst über die App „Dorf Mobil“ (dorf-mobil.app) will der Verein Saale-Unstrut-Mobilität in Sachsen-Anhalt die Mobilität der Bewohner der Region als gemeinschaftliche Aufgabe verbessern.
„Die Idee ist in der Dorfgemeinschaft entstanden. Wir haben uns gefragt, warum es in Ländern wie Sachsen-Anhalt so viel Landflucht gibt und was wir dagegen tun können“, erklärt Carsten Dufner, Vorsitzender des Vereins Saale-Unstrut-Mobilität. Mit der App können Teilnehmende in der Region einen Mobilitätskalender führen, und mit Hilfe von KI werden Vorschläge für gemeinsame Fahrten erstellt. Diejenigen, die die Fahrt anbieten, profitieren von der Reduzierung der Fahrtkosten.
„Kinder, die von ihren Eltern zu Freunden gebracht werden müssen, Menschen ohne Führerschein und ältere Menschen, die sich das Autofahren nicht mehr zutrauen, profitieren am meisten. Die Fahrten sparen Geld, bringen die Menschen wieder näher zusammen und entlasten die Dörfer in punkto Lärm und Emissionen“, so Dufner. „Dass wir auf der Shortlist des Wettbewerbs stehen, freut uns natürlich riesig und bestätigt uns darin, dass hier etwas entstanden ist, das sich auch aus der Sicht externer Beobachter zu kommunizieren lohnt.“
Der Verein erhofft sich von der Nominierung größere politische und gesellschaftliche Wahrnehmung auf Bundesebene. Das Potenzial gehe sogar darüber hinaus: „Die Vorstellung des Projekts auf einer EU-Konferenz in Irland hat gezeigt, dass unser Zugang auch in ländlichen Regionen außerhalb Deutschlands von Interesse ist“, fügt Dufner hinzu.
In Bezug auf die Zukunft des Projekts sieht Dufner das autonome Fahren als nächsten Schritt. „Der größte Nutzen intelligenter, selbstfahrender Transportsysteme liegt eindeutig im ländlichen Raum. Mit unserem Projekt lernen die Menschen im Dorf, bereits jetzt so zu planen, wie es dann bei gemeinschaftlich genutzten autonomen Fahrzeugen erforderlich sein wird“, erklärt er. Registrieren kann man sich auf www.dorf-mobil.org.
Mit dem Wettbewerb „Digitale Orte im Land der Ideen“ möchten Deutsche Glasfaser und „Deutschland – Land der Ideen“ die Sichtbarkeit von digitalen Projekten im ländlichen Raum erhöhen. Auch 2023 konnte die Jury wieder viele spannende Digitalprojekte sichten. Jeweils drei Projekte in fünf Kategorien haben es ins Finale geschafft. Am 14. November 2023 werden die Gewinnerprojekte in Berlin gekürt.
Informationen über den Wettbewerb gibt es hier: www.digitale-orte.de